Der Artikel ist schon ein paar Tage alt, aber noch immer treffend.
18. Oktober 2005 Verkehrte Welt am Devisenmarkt. Denn der Yen befindet sich gegen den Dollar in der Defensive und hat am Dienstag mit 115,71 Yen je Dollar den schwächsten Stand seit etwas mehr als zwei Jahren erreicht. Der kurzfristige Trend zeigt weiterhin nach oben. Die Markttechniker könnten sich unter anderem durch die Tatsache beflügeln lassen, daß die Währung die Widerstandsmarke von 114,88 Yen - dabei handelt es sich um das jüngste Zwischenhoch vom Mai des vergangenen Jahres - überwunden hat.
Das Verrückte an dieser Entwicklung ist, daß sie sich zumindest aus makroökonomischen Daten kaum ableiten läßt. Denn die Wirtschaft in Japan scheint sich zu erholen, was früher oder später steigende Zinsen bedeuten dürfte. Sie wiederum müßten die Währung des Landes an sich zusammen mit den persistenten Handelsbilanzüberschüssen beflügeln, statt sie zu schwächen.
Inflations- und Zinserwartungen in Amerika dominieren wieder einmal
Auf der anderen Seite kann man solche Zahlen nicht absolut betrachten. Denn im Moment scheint sich der Markt wieder einmal von den zunehmenden Inflationserwartungen in Amerika leiten zu lassen. Sie wiederum deuten auf weiter steigende Zinsen in den Vereinigten Staaten hin, was entsprechende „Zinsspiele” interessant machen kann. Kurzfristig orientierte, spekulative Anleger refinanzieren sich in Yen und legen das Geld im Dollarraum an. Entsprechende Geldströme können den Dollar kurzfristig beflügeln.
Gleichzeitig scheint es auch zur Auflösung von spekulativen Positionen gekommen zu sein, die im Zusammenhang mit dem G20-Treffen mit Druck auf China gerechnet hatten, die Währung des Landes insbesondere auch gegen den Dollar weiter zu flexibilisieren. Das würde sehr wahrscheinlich eine Aufwertung der chinesischen Währung und damit des asiatischen Währungsraumes bedeuten. Hatten sich einige Marktteilnehmer im Vorfeld entsprechend positioniert, so scheinen sie sich nun enttäuscht „zurückzudrehen.” Möglicherweise nutzt die chinesische Zentralbank genau so einen Augenblick, um tatsächlich einen weiteren Schritt in Richtung Liberalisierung zu tun.
In den vergangenen Wochen scheinen sich auch japanische Lebensversicherungen in größerem Stile mit amerikanischen Anleihen eingedeckt zu haben. Immerhin bieten zehnjährige amerikanische Treasuries einen Zinsvorsprung von 1,91 Prozentpunkten gegen deutschen und von 2,9 Prozentpunkten gegenüber japanischen Papieren mit einer vergleichbaren Laufzeit. Allerdings gehen sie dabei ein gewisses Wechselkursrisiko ein.
Jederzeit Gegenbewegungen denkbar
Aus diesem Grund rechnen zum Beispiel die Währungsanalysten der UBS bei Kursen von mehr als 115 Yen je Dollar mit einer abnehmenden Dynamik oder gar mit Yen-Verkäufen. Gleichzeitig ist die Lage stark spekulativ angeheizt. Denn an den Terminmärkten gibt es ausgeprägte Wetten gegen den Yen und für den Dollar. Sollten sich hier die Marktteilnehmer gezwungen sehen, ihre Positionen zu bereinigen, dürfte es zu einer deutlichen Gegenbewegung kommen.
Gleichzeitig müssen steigende Zinsen in Amerika mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden. Denn sie dürften die amerikanische Wirtschaft, insbesondere den Konsum, bremsen und auf diese Weise mittelfristig den spekulativen Reiz des Dollars unterhöhlen. Immerhin sprechen die Kernargumente - Leistungsbilanzdefizit, geringe Sparquote, geringe Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft, hohe Konsumlastigkeit, hohe Verschuldung - weiterhin gegen den Dollar. In diesem Sinne scheinen solche Phasen der spekulativen Dollarstärke eher günstige Verkaufsgelegenheiten zu sein, denn eine nachhaltige Entwicklung.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder
(Quelle: faz.net )
18. Oktober 2005 Verkehrte Welt am Devisenmarkt. Denn der Yen befindet sich gegen den Dollar in der Defensive und hat am Dienstag mit 115,71 Yen je Dollar den schwächsten Stand seit etwas mehr als zwei Jahren erreicht. Der kurzfristige Trend zeigt weiterhin nach oben. Die Markttechniker könnten sich unter anderem durch die Tatsache beflügeln lassen, daß die Währung die Widerstandsmarke von 114,88 Yen - dabei handelt es sich um das jüngste Zwischenhoch vom Mai des vergangenen Jahres - überwunden hat.
Das Verrückte an dieser Entwicklung ist, daß sie sich zumindest aus makroökonomischen Daten kaum ableiten läßt. Denn die Wirtschaft in Japan scheint sich zu erholen, was früher oder später steigende Zinsen bedeuten dürfte. Sie wiederum müßten die Währung des Landes an sich zusammen mit den persistenten Handelsbilanzüberschüssen beflügeln, statt sie zu schwächen.
Inflations- und Zinserwartungen in Amerika dominieren wieder einmal
Auf der anderen Seite kann man solche Zahlen nicht absolut betrachten. Denn im Moment scheint sich der Markt wieder einmal von den zunehmenden Inflationserwartungen in Amerika leiten zu lassen. Sie wiederum deuten auf weiter steigende Zinsen in den Vereinigten Staaten hin, was entsprechende „Zinsspiele” interessant machen kann. Kurzfristig orientierte, spekulative Anleger refinanzieren sich in Yen und legen das Geld im Dollarraum an. Entsprechende Geldströme können den Dollar kurzfristig beflügeln.
Gleichzeitig scheint es auch zur Auflösung von spekulativen Positionen gekommen zu sein, die im Zusammenhang mit dem G20-Treffen mit Druck auf China gerechnet hatten, die Währung des Landes insbesondere auch gegen den Dollar weiter zu flexibilisieren. Das würde sehr wahrscheinlich eine Aufwertung der chinesischen Währung und damit des asiatischen Währungsraumes bedeuten. Hatten sich einige Marktteilnehmer im Vorfeld entsprechend positioniert, so scheinen sie sich nun enttäuscht „zurückzudrehen.” Möglicherweise nutzt die chinesische Zentralbank genau so einen Augenblick, um tatsächlich einen weiteren Schritt in Richtung Liberalisierung zu tun.
In den vergangenen Wochen scheinen sich auch japanische Lebensversicherungen in größerem Stile mit amerikanischen Anleihen eingedeckt zu haben. Immerhin bieten zehnjährige amerikanische Treasuries einen Zinsvorsprung von 1,91 Prozentpunkten gegen deutschen und von 2,9 Prozentpunkten gegenüber japanischen Papieren mit einer vergleichbaren Laufzeit. Allerdings gehen sie dabei ein gewisses Wechselkursrisiko ein.
Jederzeit Gegenbewegungen denkbar
Aus diesem Grund rechnen zum Beispiel die Währungsanalysten der UBS bei Kursen von mehr als 115 Yen je Dollar mit einer abnehmenden Dynamik oder gar mit Yen-Verkäufen. Gleichzeitig ist die Lage stark spekulativ angeheizt. Denn an den Terminmärkten gibt es ausgeprägte Wetten gegen den Yen und für den Dollar. Sollten sich hier die Marktteilnehmer gezwungen sehen, ihre Positionen zu bereinigen, dürfte es zu einer deutlichen Gegenbewegung kommen.
Gleichzeitig müssen steigende Zinsen in Amerika mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden. Denn sie dürften die amerikanische Wirtschaft, insbesondere den Konsum, bremsen und auf diese Weise mittelfristig den spekulativen Reiz des Dollars unterhöhlen. Immerhin sprechen die Kernargumente - Leistungsbilanzdefizit, geringe Sparquote, geringe Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft, hohe Konsumlastigkeit, hohe Verschuldung - weiterhin gegen den Dollar. In diesem Sinne scheinen solche Phasen der spekulativen Dollarstärke eher günstige Verkaufsgelegenheiten zu sein, denn eine nachhaltige Entwicklung.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder
(Quelle: faz.net )