Angepinnt Wie fange ich an zu traden?

      @woren: Vielen Dank für die Ausführungen zum Einsatz computerisierter Strategien, sehr interessant! Deine grds. Kritik an vielen Ausbildungsangeboten teile ich. Die allermeisten sind m.E. eine Beleidigung jeder durchschnittlichen Intelligenz. Die eigentliche Frage, warum ein Geschäft zum jetzigen Zeitpunkt eingegangen werden sollte, was also die objektive Grundlage der Handelsentscheidung ist, wird nicht beantwortet. Stattdessen flüchtet man sich in irgendwelche Interpretationen von Chartmustern, Wellen, Fibos usw., die aber leider alles andere als objektivierbar sind. Fragt man danach, wird auf die noch fehlende Kenntnis dieser Methoden verwiesen, die man aber ja gegen einen kleinen Obulus erwerben könne. Für mich ist das nichts, da ist mir mein Geld zu hart erarbeitet, als dass ich es dafür ausgeben würde.

      @ wolli: Das Video ist wirklich hart an meiner Schmerzgrenze, dennoch vielen Dank für die Mühe! Ich denke aber das Disziplinproblem ist eher eine charakterliche als eine körperliche Herausforderung.
      @ woren
      Habe das Video selbst als reißerisch qualifiziert! Im Gegensatz zu dir, bei dem ich ein ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken vermute, versuche ich aber differenzierter an Dinge heranzugehen und brauchbare Elemente aus dem Kontext herauszuschälen, zumal auch keine finanziellen Kosten verbunden waren. (Würde dort auch keine kostenpflichtigen Inhalte buchen.)

      Die dargestellte Methode der mehrminütigen, intervallmäßigen, eiskalten Ganzkörperdusche stellt jedoch eine erhebliche Herausforderung dar (auch ohne Tschakaquatsch). Überwindet man sich und zieht dies einige Wochen durch, so ergibt sich ein Hochgefühl und ein Gefühl des Stolzes, weil man etwas geschafft hat, das die Allermeisten nicht zustande bringen. Und ja, dies hat sehr viel mit Selbstdisziplinierung zu tun, die in allen Lebensbereichen hilfreich ist.

      Nicht mehr und nicht weniger sollte dieser Beitrag aussagen. Aber vielleicht hast du recht und es gäbe seriösere Beispiele - hatte mir aber nicht die Mühe gemacht, danach zu suchen, sondern eingestellt, was mir gerade über den Weg lief - ich gelobe Besserung.

      woren schrieb:

      Bei manchen Berufsgruppen hatte ich schon immer den Eindruck, dass ein großer Teil von ihnen durch eigene nicht überwundene Versagenserlebnisse in ihrer Berufswahl bestimmt wurden.


      lol ... dir ist auch kein Stereotyp zu seicht, wenn es in dein subjektives Weltbild passt. Ich könnte dir jetzt mit dem Klischee des beziehungsunfähigen, emotional total verkrüppelten Mathematiker oder Computerfreak antworten - mache ich aber nicht, weil ich solche Verallgemeinerungen für unsinnig halte. Was nicht heißt, dass es im Einzelfall nicht durchaus zutreffend sein kann!
      Eines der vielen superpeinlichen Videos vom Typ Zuquatschen mit Müll bis zur Ermattung. Hat man eines gesehen, kennt man alle. Riesige Willenskraft wird schon gebraucht, um sich eine dreiviertel Stunde so etwas reinzuziehen.

      Ich verstehe nicht, wie sich ein studierter Psychologe zur Empfehlung von so etwas verleiten lassen kann, alleine die Machart verhindert die Aufnahme jedweder Inhalte durch normal gebildete Menschen, die nach kurzer Zeit die Zeitverschwendung beenden.

      Nachtrag: Da ich aber total kaputte fremdbestimmte Menschen kenne, die niemals was zustande bekommen haben oder jemals werden, aber ALL ihr Geld bis zur Verelendung in Hartz-IV für solchen und ähnlichen "Motivations"-Mist ausgegeben haben, scheint es einen großen Markt mit vielen Opfern zu geben. Bei manchen Berufsgruppen hatte ich schon immer den Eindruck, dass ein großer Teil von ihnen durch eigene nicht überwundene Versagenserlebnisse in ihrer Berufswahl bestimmt wurden.

      Auf die nach dem Persönlichkeits-Profiling-Schema etwas seichten und minderbemittelten Verkäufertypen mag Tschakka-Quatsch a'la Ratelband & Co. ja Eindruck schinden, tiefgründig denkende Typen (Weiser/Techniker) werden von so etwas überhaupt nicht erreicht.

      KaiHawaii schrieb:

      Zum Thema Disziplin: Wie trainiert man diese, ...


      Disziplin kann man auch in anderen Bereichen trainieren, wird dann auch im Trading einen positiven Effekt haben.
      EINE mögliche, zugegebenerweise etwas hardcoremäßige und auch reißerisch angepriesene, Methode wird hier erklärt:


      Zu welchen extremen Leistungen man es durch systematischen Training bringen kann, sei exemplarisch hier dargestellt:
      de.wikipedia.org/wiki/Wim_Hof

      Andere Methoden sind das gesamte Spektrum meditativer Übungen, die helfen, sich zu focusieren. Dazu gibt es Tonnen an Literatur.
      @ KaiHawaii
      Betreffs Disziplin... gutes Beispiel mit den Wiederholungen. Mir hilft da beim Handeln eines Setups eine genaue Handelsanleitung, die ich mir selbst aufschreibe, damit ich nichts vergesse. Ja, durch tägliches Üben der Abläufe gewöhnt man sich daran und es entsteht Disziplin. Dann erkenne ich auch Schwächen, emotionale, und arbeite gezielt nur an einer Schwäche ganz bewusst bis es besser wird. Kann ruhig Wochen dauern, ist egal, Hauptsache es wird langsam besser.

      Da mir Signale nur im TC auch etwas zu langweilig sind, handle ich parallel dazu auch intraday, jedoch nicht permanent und auch mit Strategie. Und will ich tatsächlich mal nur spielen oder was neues ausprobieren, dann gehe ich mit diesem Wunsch immer ins Demokonto.

      Disziplin sollte nicht anstrengend sein, das heisst das eigene Handeln muss zur eigenen Persönlichkeit passen. Regelmässige Abläufe helfen dann, Disziplin zu etablieren. Mir hilft schon die Abwechslung von TC Strategien und Intraday Strategien.
      @ KaiHawaii

      Mit einer Bewertung eines Verlustes unter Einsatz computerisierter Strategien als "blindes Vertrauen in Quants" halte ich mich lieber zurück. Alle ausreichend verständigen Leute in der Branche wissen um die diversen Beschränkungen der Programmierung einer Strategie, insbesondere wenn auf Grund der Größe der Positionen einfache Rezepte wie Stop Loss (oder auch Portfolio Insurance) wegen des riesigen Drawbacks, den man vom Markt zurückbekommt, nicht funktionieren.

      Eine sehr wichtige Eigenschaft einer Intelligenz ist, die eigenen Anwendungsgrenzen zu verstehen. Das hilft aber noch lange nicht, um aus einer sehr großen verlustposition, wie sie milliardenschwere Fonds aufbauen können, schleunigst heraus zu kommen, ohne erst dadurch die Verluste zu verstärken.

      Zusätzlich zum Computerprogramm und dessen Strategie gibt es auch immer die mehrstufige Einsatzentscheidung dafür,
      • zuerst für eine Untersuchung der datenmäßigen Grundlagen,
      • dann für die vollständige Ausarbeitung der Strategie,
      • dann für die Implementation,
      • dann für die Freigabe des Programmes,
      • dann für die Einpassung in ein Portfoliogesamtstrategie und
      • dann zum scharfen Einsatz eines Programms,
      was alles menschliche Entscheidungen sind.

      Ein Computerprogramm fällt die Entscheidungen, zu denen es programmiert wurde, schneller und sicherer als der Mensch. Wenn ein Computerprogramm einen Verlust erzielt, ist damit doch nicht gesagt, dass ein Mensch, der mit ähnlichen Ansätzen konditioniert wurde, besser abschneidet.

      Da ein Computerprogramm tausende Regeln gleichzeitig in der richtigen Gewichtung beachten kann und sie ohne zu ermüden millionenfach wiederholen kann, übertrifft es den Menschen prinzipiell schon seit langem. Wenn es immer mal wieder verantwortungslose Scharlatane gibt, die mit schlecht gemachter Software unter dem Druck unfähigen Managements mit zuwenig Geld und Zeit Dreck in Betrieb nehmen, hat das mit der tieferen Fragestellung der Möglichkeiten von Computern nichts zu tun. Medientypische Aufbauschungen und Halbwissensäußerungen fügen da kein echtes Wissen hinzu.

      Nach der "Finanzkrise" 2008 habe ich auch Berichte angeblicher IT-Experten gelesen, die vermeintlich scharfsinnig und philosophisch puren Quatsch abschwadronierten, wie komplex und unvorhersehbar das alles sei. Die Wahrheit war ganz einfach: Da wurde eine von Anfang an betrügerische Vorgabe des US-Finanz-Establishments zur gnadenlosen Ausplünderung der Welt etabliert mit absichtlich falschen Ad-hoc-Theorien und schon vorab zur Täuschung des nicht genügend kundigen Publikums eingebauten Scheinargumenten als bewusste Nebelkerzen, um die Dinge marketingmäßig zurecht zu biegen.

      Diese angeblichen Experten waren also eher Dumpfbacken, die für ein wenig Judaslohn die zweite Stufe des Verbrechens durchführten, nämlich nachdem der Schaden für jedermann sichtbar war, die wahrhaft Schuldigen scheinbar alternativlos!! zu entlasten und die echten Ursachen zu vertuschen. Wenn sich dafür gemäß der Devise "gut gedacht aber schlecht gemacht" sogar partiell systemkritische, aber unfähige Outsider hergaben, macht das die Sache für die breite dumme Masse glaubwürdiger, aber nicht inhaltlich besser.

      Die Frage ist immer cui bono?

      Abwertende Bemerkungen über den Computereinsatz kommen zuerst einmal von den Leuten, die dadurch - ein Glück - ihren "Arbeits"-Platz verlieren. In Wahrheit haben sie gar nicht gearbeitet, sondern nur Arbeit gespielt, weil Arbeit eine ökonomisch sinnvolle Tätigkeit ist. Die Ausführung sehr gleichartiger Routinetätigkeiten durch hochbezahlte Angestellte ist aber gerade keine ökonomisch sinnvolle Tätigkeit, also auch keine Arbeit, sondern Spielerei und Betrug, um sich ein Einkommen zu erschleichen.

      Meine klare Ansage dazu ist bekannt: Jeder, der entlassen werden kann, ist ein Betrüger, weil er dem Unternehmen nichts gebracht hat, sondern nur Arbeit gespielt hat, statt das Unternehmen voran zu bringen, indem er bei der Automatisierung seiner Tätigkeit hilft. Würde er für das Unternehmen eine wichtige Tätigkeit ausgeführt haben, könnte man ihn nicht entlassen, ohne den Leistungsprozess zu gefährden. Keinerlei Mitleid mit den rückwärts gerichteten Modernisierungsfeinden!

      Dass das kapitalistische System den Modernisierungsgewinn ungerecht verteilt und die Leute beim Preis ihres ökonomischen Unterganges dazu zwingt, an ihren sinnlosen "Arbeits"-Plätzen wie Affen zu klammern, tut dabei nichts zur Sache, sondern ist eher ein weiteres Verbrechen, nämlich nicht über den Tellerrand des Systems hinauszuschauen und damit die kaputten Verhältnisse, unter denen sie selbst leiden, noch zu verfestigen.

      Zum Thema Disziplin fällt mir auch nichts besseres ein als: Üben, üben, üben und wieder üben. Das ist ganz sicher nicht sexy und smart sondern eklig und hart.

      Die Eurexausbildung dient in ihrem Kern zur sicheren Abwicklung der Geschäfte, nicht zur inhaltlichen Begründung. Für eine inhaltliche Begründung wäre schon etwas mehr erforderlich, als kurz mal ein paar Folklorethemen am Rand anzureißen.

      Selbst wenn man nicht funktionierende Uraltmärchen systematisch zu dicken Büchern zusammenstellt und sie in Software gießt, funktionieren sie darum immer noch nicht. Wenn man zu den nicht funktionierenden "Strategien" noch Geschwafel über die Wichtigkeit der Rolle der Trader hinzufügt, lässt man sie im Kern der Sache mit einer nicht funktionierenden Technik alleine. Genau das ist die Leistung, die die ganze Branche für wahnsinnig teures Geld verkauft. Das geht solange mit immer neuen Techniken, mal finanzfachlich, mal technisch, mal philosphisch, mal psychologisch weiter, bis die ausgeplünderten einfältigen Opfer endlich merken, dass das nichts bringt oder sie kein Geld mehr haben.

      Auch hier im Forum gibt es Leute, die fast zehnmal soviel Geld bei solchem Müll verloren haben als durch echtes Trading, zu dem sie vor lauter persönlicher Charakterschwäche eigentlich nur am Rande gekommen sind.

      Statt sich von Pseudo-"Experten" einlullen zu lassen, sollte man eigene Untersuchungen durchführen und sie auch praktisch umsetzen. Dabei lernt man das wirklich Wesentliche und verinnerlicht es auch.

      Zu Studenten, die typischerweise alles besser wissen wollen, habe ich oft gesagt, dass es ein großer Unterschied ist, Sex zu machen als darüber zu reden und noch eine ganz andere die Kinder dann Jahrzehnte groß zu ziehen, sie sich aber gerade auf der Googlesuche nach dem nächsten Buchladen für ein Lesebuch darüber befinden würden.

      Der Grad der Einfältigkeit scheint mir übrigens mit zunehmendem Vermögen nicht abzunehmen. Während kapitalschwache Trader einfach wegen des nicht ausreichenden Einkommens aus Trading gezwungen werden, den Kontakt mit der realen Welt durch ihre Arbeit nicht zu verlieren, kommen einige Leute, die - wie auch immer (also sowohl vormals vernünfige Unternehmer als auch mehr oder weniger unverdiente Erben) - mit ihren wunderlichen Ansichten oft schon dem Irrsinn bedenklich nahe.

      Für all diese Leute erfüllt die Börse dann ihren volkswirtschaftlichen Zweck hervorragend - das Geld dorthin zu bringen, wo es sachgerecht vermehrt wird, also weg von ihnen.
      @ woren:

      Hinsichtlich Deiner Anmerkungen zum Posting von Georg bin ich bei Dir, was die Fragen an eine Strategie angeht. Wenn ich recht erinnere, gab es vor kurzem einen interessanten Bericht zu den erheblichen Verlusten, die Blackrock kürzlich aufgrund des blinden Vertrauens in seine Quants erlitten hat. Quintessenz: Der Mensch ist als Händler gegenüber dem Computer (noch) nicht vollständig ersetzbar. Ich verstehe das so, dass der Mensch anpassungsfähiger ist und das gesamte Marktumfeld, v.a. die Querverbindungen und die Stimmungen in den jeweiligen Märkten besser und zuverlässiger abschätzen kann, als eine Maschine. Mal sehen, wie lange dies noch anhält. Du kannst das sicher besser beurteilen aufgrund Deines beruflichen Backgrounds. Für mich als interessierten Laien war es jedenfalls sehr interessant und lehrreich. Zum Thema Disziplin: Wie trainiert man diese, kannst Du in dieser Hinsicht vielleicht etwas empfehlen? Ich bin insoweit vermutlich nicht ganz blank, möchte mich aber noch verbessern. Aus dem Militärbereich kenne ich die Vorgehensweise, dass Disziplin dadurch erreicht wird, dass man endlose Wiederholungseinheiten von was auch immer absolviert, um Abläufe in Fleisch und Blut übergehen zu lassen, vor allem auch unter Druck. Sieht man das Trading als Drucksituation an, der man sich aussetzt und die man meistern muss, könnte hier ein Ansatzpunkt liegen.

      Warum bist Du Dir sicher, dass eine solche Ausbildung für einen privaten Trader nichts bringt? Sie zielt ja auf eine Anstellung im professionellen Bereich ab, die durch W. vermittelt wird und an der er partizipiert, wenn ich es richtig sehe. Aber ja, für einen privaten Trader, der ein privater Trader bleiben und keine fünfstelligen Beträge eigenen Geldes einsetzen möchte, mag das schwierig sein.

      @goso:
      Es ist sicher nicht billig. Betrachtet man allein die Gebühren für die Eurex-Prüfung und beachtet, dass es keine zeitliche Beschränkung gibt, relativiert sich das m.E. aber. Das muss jeder für sich entscheiden. Eine Existenzgründung in nahezu jedem anderen Bereich dürfte deutlich teurer sein. Ich will hier aber niemanden verteidigen und es gibt sicher andere und ggf. geeignetere Angebote als dieses. Harte Arbeit wird einem hier wie dort sicher nicht erspart bleiben und das ist mir lieber, als irgendwelche Blue-Sky-Versprechungen á la 1.000.000 in zwei Wochen am Strand per iPad.
      @ goso

      Die Einschätzung, ob das nun teuer oder nicht ist, fällt ohne einen genauen Stundenplan schwer.

      Im gewerblichen Umfeld sind Tagessätze für Seminare von 1.000 € durchaus üblich und - obwohl ich ein ganz großer Gegner von Seminartourismus bin und nur selten so etwas genehmige oder zu genehmigen empfehle - manchmal trotzdem ihr Geld wert, insbesondere wenn man mit den realen Kosten für den Selbsterwerb der Kenntnisse durch das meist lesefaule und begriffstutzige Publikum und dem Erarbeiten notwendiger Kniffe auf die harte Tour des vielfachen trial an error vergleicht.

      Sicher ist, dass dieses Seminar für einen privaten Trader mit nur wenigen 10 T€ Kapital gar nichts bringt. Im Kontext einer Vorbereitung im professionellen Bereich muss es nicht per se überteuert sein.

      Ein anderer bekannter Anbieter von mehrwöchigen Intensivschulungen und Buchautor hat seine Leistungen um ein Mehrfaches teurer angeboten und zu den "wilden Zeiten" (also bevor die Leute nachweislich schon vorab wissen konnten, dass es trotz der beachtlichen Eloquenz für die meisten Teilnehmer keinen effektiven Nutzen bringt und seine Teilnehmerzahlen total eingebrochen sind, dass er sich seit einigen Jahren auf Facebook beim Gossenmob einschmieren muss) seine Seminare ganzjährig voll bekommen.
      @ GeorgM
      1. Wann ist eine Menge von Annahmen überhaupt hinreichend stabil, dass man darauf eine Strategie aufbauen kann?
      2. Wann ist eine Menge von Handlungsanweisungen soweit begründet und vollständig, dass man sie als Strategie bezeichnen kann?
      3. Wie wird der positive Erwartungswert einer Strategie nachgewiesen und welche Maßzahlen werden dabei als ausreichend betrachtet?
      4. Wie wird die Fehlerfreiheit bei der Implementation der Strategie abgesichert?
      5. Wie wird bei einem nachgewiesenem positiven Erwartungswert gehandelt, wenn die Strategie in Grenzbereiche eintritt, die eine Entscheidung notwendig machen, gerade nur einen unglücklichen Zufallspfad getroffen zu haben, der nicht von Dauer sein wird, oder ob etwas an der Strategie nicht stimmt, weil sich etwas im Umfeld geändert hat oder etwas nicht richtig beachtet wurde?
      6. Wie wird im Tuning einer bereits funktionierenden Strategie zwischen hektischem Aktionismus und übermäßigem Phlegma entschieden?
      Das alles sind Fragen, die jemand, der so gewagte Thesen aufstellt, wie dass Disziplin schon von alleine kommen wird, sicher beantworten können müsste.

      War die Ursache der Großpleiten im Milliardenbereich mangelndes Wissen über die Zusammenhänge (wie z. B. bei ganz extremen "Experten", die Wundnersames über Assetklassen faseln, die sie weder kennen noch verstehen, geschweige denn jemals über einen ausreichenden Zeitraum erfolgreich gehandelt haben) oder übermäßig riskante Positionen, die Disziplinverstöße anzeigen entweder
      • bei der Ausführung der Trades unter Überschreitung vorgegebener Richtlinien,
      • bei der schon vorab bewusst kriminellen Anlage des gesamten Geschäftsmodelles mit dem Verlass auf Bailouts oder der Verantwortungslosikeit wegen "other peoples money" oder
      • der nachlässigen Vorbereitung der zugrundeliegenden Modelle und Implementationen?
      Bezüglich des fachlichen Wissens hatte auch ich bei Herrn Wagner einen im Vergleich zur Mehrheit der Leute auf dem Markt einen eher guten Eindruck.

      Wissen ersetzt aber niemals Disziplin. Das ist ein ganz allgemeines Problem der meisten Trader.

      Disziplin heißt dabei nicht nur striktes RM sondern auch, sich regelmäßig das schlechte Gefühl anzutun, überhaupt Geld im Markt zu riskieren.

      Die meisten Leute hoffen - leider völlig falsch - dass nach immer mehr Anhäufung von Wissen eine solche Sicherheit eintritt, dass die Sache mit der Disziplin ganz automatisch gelingt.

      Statt in einem hochgradig reflektiven System nach Gewissheiten zu suchen, die man darin prinzipiell nicht finden kann, sollte lieber ein ganz starker Fokus auf das Training der Disziplin gelegt werden. Das dazu nötige Wissen ist extrem gering. Das ist genauso wie bei der gesunden Ernährung oder dem Treiben von Sport - Wissen ist fast immer da, nur die regelmäßige, absehbar erfolgreiche Ausübung fehlt.
      @goso: Vielen Dank für den Fragenkatalog, sehr aufschlussreich. Was W. angeht, das kann ich schlicht nicht beurteilen. Die Pleite seiner, wenn ich das richtig sehe, Wertpapierhandelsbank, mag auf unternehmerischen Fehlentscheidungen und/oder Partnerstreitigkeiten beruht haben. Über seine Markt- und Handelskenntnis sagt das für mich noch nichts aus. Die Vorgehensweise, die er in seinem aktuellen Buch beschreibt, hebt sich m.E. zumindest wohltuend von den übrigen Schaufelverkäufern insofern ab, als sie sich nicht auf die übliche Folklore bezieht, sondern die bewegenden Marktakteure in den Mittelpunkt rückt, die die Kurse treiben.

      @woren: Auch Dir herzlichen Dank für die wie immer fundierten Anmerkungen. Wie unschwer zu erkennen ist, trage ich mich mit dem Gedanken, diesen Lehrgang im Rahmen einer Händlerausbildung zu absolvieren. Wenn sie tatsächlich mit relativ überschaubarem Aufwand zu absolvieren ist, umso besser. Mir ist bewusst, dass theoretisches Wissen noch lange keinen guten Händler macht. Die wirklichen Schwierigkeiten liegen m.E. im eigenen Kopf, so dass auch erfahrene Händler nicht gänzlich davor gefeit sind, Fehler zu machen.
      @ KaiHawaii

      Der Nachweis des Verständnisses der Grundlagen und Regularien durch die Eurex-Händlerprüfung ist ok. Ich merkte nur an, dass sie für jemanden, der das erforderliche Verständnis von Börse hat, keinerlei Problem ist und sie aus dem Stegreif abgelegt werden kann. Ich erinnere mich daran, dass man damals nur einen Teil der Fragen in der vorgegebenen Zeit ablegen musste und es mir ohne jede Vorbereitung möglich war, alle Fragen zusammen völlig spontan in etwa der Hälfte der Zeit abzulegen und ich dabei nur ganz wenige Fehler hatte bzgl. irgendwelcher konkreter Bestimmungen von mir nicht genutzter Assets.

      Die Kenntnis erfolgreicher Tradingstrategien hat mit der Eurex-Händlerprüfung nichts zu tun, da sie sich darauf gar nicht bezieht.

      Leider hilft die Kenntnis der Regularien auch nicht bei Extremsituationen an der Börse wirklich weiter. So wurde z. B. mal der FDAX mit 0,5/0,5 gepreist ohne dass es eine offizielle Vola-Unterbrechung gab (war am 2008-09-29 um 19:46) oder der FGBL fiel man um 176 Ticks in 2 Sekunden ohne jede Nachricht (war am 2008-03-28 um 12:20). Die Regeln sind da sehr merkwürdig, weil zu große Sprünge im Underlying erlaubt sind und diese sich auf den letzten Preis beziehen. Wenn die Preis aber kaskadenartig abtickern, sind trotzdem riesige Bewegungen in einer Reihe von Instrumenten möglich.

      Die an anderen Börsen deutlich öfter benutzten Handelsstops bei Erreichen von Preislimitbewegungen sind auch nicht die Lösung, da man so in Positionen mit unrettbaren Verlusten ohne Handlungsoption mehrere Tage hintereinander gefangen werden kann.

      Außerdem kann die rechtlich völlig unbestimmte Willkür-"Regel" greifen: "oder nach einem anderen anerkannten Preismodell" (habe ich jetzt aus der Erinnerung angegeben ohne den aktuellen Wortlaut nochmal zu recherchieren).

      Besonders arg wird es, wenn man irgendwie gehedgt hat und Transaktionen nur auf einem der Märkte rückwirkend für ungültig erklärt werden (wie z. B. am 2001-11-20 gegen 09:20 im FDAX nach einem Einbruch um 740 Punkte [14 %]).

      Bei Schönwetter an der Börse sind die Regeln nicht existentiell wichtig, weil keine Grenzwertigkeiten auftreten und alles den gewohnten Gang geht, in Sonderfällen werden sie oft durch schwer vorhersehbare Willkürentscheidungen irgendwelcher Börsengremien ersetzt, die nicht unbedingt in einem ausreichenden Maß an Harmonie getroffen werden.

      Für einen privaten Trader ist die (in meiner Erinnerung damals ziemlich teure [vielleicht auch zusammen mit dem Lehrgang], jetzt aber vernünftig bezahlbare) Prüfung vollkommen nutzlos, evtl. sogar schädlich, weil er sich dann vielleicht Profikenntnisse auf einem Gebiet einbildet, die er nicht hat. Auch hier im Forum gibt es einen solchen "Experten", bei dem offenbar nicht einmal die Händlerprüfung dazu führte, dass Grundbegriffe richtig genutzt werden - aber Hauptsache man hat ein "Zertifikat" zum Vor-sich-her-tragen wie eine Monstranz oder gar "Heiligen Gral", welches vor jeder kritischen Nachfrage auf quasi übernatürliche Weise "immunisieren" können soll.

      Herr Wagner z. B. tradete mal mit einer Unmenge von FGBL über die NFP-Zahlen hinweg ein Konto nahezu platt, obwohl wir zusammen wenige Wochen vorher bei der passiven Beobachtung einer ähnlichen Situation waren, wo er völlig seriös wirkend noch sagte, dass nur ein einziges solches Ding einen aus dem Rennen werfen kann.

      Egal, wieviel er weiß und an Strategien durchgerechnet hat, was ich ihm auch glaube, so reicht auch beim ihm - wie bei vielen anderen ansonsten kenntnisreichen Tradern auch (wie bei mehreren Riesenpleiten vorher erfolgreicher Hedgefonds) - ein einziges Mal Zocken mit irrsinnigem oder gar keinem RM für das totale Aus.

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „woren“ () aus folgendem Grund: genaue Daten einiger Extremevents hinzugefügt

      Zitat aus dem Wagner-Thread:

      in diesem speziellen fall muss ich allerdings sagen, dass ich das system wie die gewinnpartizipation ermittelt wird schon heftig finde.von jeder positiven tagesentwicklung werden 20% abgegeben. die verluste natürlich selbst getragen. also das finde ich schon hart. vieleicht liegts aber auch daran, dass ich noch nicht viele solche produkte gesehen habe.


      Also wenn das stimmt, das der die Performance-Fee auf Tagesbasis verrechnet hat, ist das ja komplett irre.
      Bei Umformulierung von "wenig berauschend" käme wahrscheinlich nichts berauschendes heraus, (auch) wenn die Erfolge wahrheitsgemäß dargestellt würden.
      Oder liegt man mit der Vermutung falsch?
      "Promising pussy in the after-life is the lowest thing I ever heard..." - Bill Maher
      Je nachdem an welcher Stelle im Propbereich du landen willst kann es durchaus sein dass die Eurex Händlerprüfung notwendig ist, nur bedeutet das Bestehen dieser Prüfung nicht das du erfolgreich handeln kannst, sondern nur dass du ein paar Grundlagen beherrscht und das Regulativ der Eurex kennst.

      Hier noch der Link zum Fragenkatalog: www01.deutsche-boerse.com/cma/…Eurex_Trader_Exam_FAQ.pdf

      BTW: Uwe W. ist ein relativ guter Redner, ob er auch ein guter Händler ist? Eventuell mal ein bisschen googlen

      tradesignalonline.com/forum/thread.aspx?id=19395

      Wagner war vor +10 Jahren einer der "Stars" der Retailtraderszene, dann hat er Zertifikate aufgelegt, das Ergebnis war wenig berauschend, es wurde sehr ruhig um ihn, seit einiger Zeit gibt er wieder den Guru.

      Da schon das Webinar von W. genannt wird und weil Woren, dessen Beiträge ich schätze und wenn ich ihn recht verstehe, von Zertifikaten i.S.d. Eurex-Händlerprüfung nichts hält: Ist diese Eurex-Händlerprüfung tatsächlich erforderlich, um eine berufliche Perspektive in der Finanzbranche zu haben? So jedenfalls behauptet es ja W. und lässt angeblich ohne den erfolgreichen Abschluss dieser Prüfung keinen seiner Schüler in die nächsthöhere Ausbildungsstufe.