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      Mittwoch, 18. August 2004

      Eine Bodenbildung aus der Sicht der Investoren

      von Jochen Steffens

      Ich kann dieses Wort nicht mehr hören. Deswegen werde ich heute nichts über diese klebrige schwarze Flüssigkeit schreiben, deren Preis irgendwie nicht sinken will. Ich werde nichts darüber schreiben, dass es in Venezuela zu Tumulten kam und das nun das Wahlergebnis überprüft wird. Auch werde ich nicht davon berichten, dass in Nadschaf im Irak die Verhandlungen zwischen dem aufständischen Shiitenführer Al Sadr und der irakischen Nationalkonferenz gescheitert sind.

      Ich werde den heutigen Tag, an dem uns kaum Konjunkturdaten stören, lediglich dazu benutzen etwas über die Psychologie einer Bodenbildung zu schreiben – oder besser, über den Idealfall einer Bodenbildung:

      Wir stellen uns vor, es sei zu einem stärkeren, fast erdrutschartigen Einbruch im Dax von 4100 auf 3660 Punkte gekommen. Viele Anleger sehen dem Treiben und ihren sinkenden Gewinnen mit immer größer werdenden Augen und immer schmäler werdenden Geldbörsen zu. Die, die jetzt noch nicht verkauft haben denken sich, das ist doch bereits total übertrieben, jetzt noch auszusteigen ist Unsinn, ich warte auf eine Gegenbewegung!

      Mit anderen Worten: der Kaufdruck lässt deutlich nach. Erste Mutige und einige Trader erkennen das und springen auf. Es kommt zu einer zunächst mäßigen, dann sich leicht beschleunigenden Aufwärtsbewegung bis zur, sagen wir: 3730er Mark. Hier steigen dann "endlich" die, die auf eine Gegenbewegung gewartet haben aus, besonders diejenigen, die jetzt wieder im Gewinn sind.

      Bei den anderen, die vielleicht oben gekauft haben und Verlustpositionen halten, schlug gerade das Grauen in Hoffnung um: "Ja, der Markt dreht!", hört man sie rufen, "ich habe doch keinen Fehler gemacht alles wird gut!". Leider eine falsche Erkenntnis: Denn, wie ich hier schon mehrfach geschrieben habe: Der erste Boden ist meistens nicht der wirkliche.

      Das hat folgenden Grund: Die oben genannten, die die nun noch Gewinne realisieren können, verkaufen – zumindest einen Teil ihrer Positionen. Die Daytrader, die das Tief erwischt haben oder etwas später eingestiegen sind, nehmen ihre Gewinne mit – das führt zu Verkaufsdruck. Die Bullen hingegen, haben quasi noch erstaunt ihre Münder offen, dass es so heftig abwärts gehen konnte und tun paralysiert noch nichts, sondern warten ab, wie es sich weiter entwickelt.

      Der Verkaufsdruck führt dazu, dass die Kurse wieder fallen. Nun kommen die Anleger wieder ins Spiel, die gerade noch gedacht haben: "Ja, der Markt dreht!" Die sehen die wieder fallenden Kurse und reagieren panisch und verkaufen. Vernünftigere sagen, wenn es durch das letzte Tief (3660) geht, verkaufe ich wieder. An diesem Tief bei 3660 Punkten haben mittlerweile auch langfristigere ihre Reisleine in Form eines Stops angebracht. Natürlich führen die Verkäufe dazu, dass diese Marke bricht. Die Vernünftigeren springen raus, einige langfristig orientierten Anleger ebenfalls, einige Trader setzten auf short, der Markt rutscht noch einmal in weitere Tiefen unter sich vergrößerndem Umsatz.

      Irgendwann ist der Markt "leergekauft", vielleicht in einem kleinen panikartigen finalen Ausverkauf, der den Dax auf 3620 Punkte treibt. Hier fängt sich der Markt. Wieder steigen einige Day-Trader ein. Aber auch den ersten Institutionellen wird klar, dass die aktuellen Kurse auf mittelfristige Sicht eine kleine Position wert seien und steigen ein. Der Markt steigt wieder, langsam unter unsicherem Schwanken.

      Einige derjenigen, die beim Bruch der 3660er Marke verkauft haben, denken: "Mist, am Tief verkauft und kaufen wieder nach". Zu den ganzen Käufern kommen noch die ersten Bullen, die sich von dem ersten "Schock" erholt haben. Der Markt steigt wieder auf die alte Marke bei 3730 Punkten. Dort steigen die Trader wieder aus. Auch diejenigen steigen nun aus, die bei 3660 Punkten schon raus wollten aber immer noch drin sind. Sie haben nun eine Gegenbewegung ungenutzt vorbeigelassen und noch weitere schmerzhafte Kursverluste hinnehmen müssen – der Mensch lernt: also steigen sie bei dieser Gegenbewegung aus. Die Bullen warten auf einen nachhaltigen Bruch dieser Marke, um weitere Positionen einzugehen. Die Folge: Die Kurse schwächeln wieder.

      Der Markt kann diese Marke beim ersten Anlauf nicht überwinden und sackt wieder auf 3660 Punkte.

      Hier entscheidet sich jetzt dann endgültig, ob es ein Boden ist oder ob es weiter abwärts geht.

      Kommen bei dieser Marke neue Bullen in den Markt, die es schaffen, die Markt über die 3730 Punkte zu bringen, dann wird das Zutrauen der Anleger steigen. Sofern keine störenden Nachrichten kommen, kann der Markt weiter und weiter steigen.

      Sollten jedoch in diesem Moment die Bullen keine Kraft entwickeln und der Markt unter das letzte Tief fallen, dann werden noch mehr Menschen aussteigen. Das gleiche Spiel wiederholt sich, nur eine Ebene tiefer.

      Das ist natürlich einidealtypischer Verlauf – der zudem eine ganze Reihen von Faktoren außer Acht lässt, der aber das grundsätzliche Prinzip eines Bodens deutlich macht. Charttechniker kennen diese Art von Bodenbildung unter dem Namen "umgekehrte SKS".

      Achten Sie also auf die 3730/40er Marke!
      Gruß Corrado------- "Um das Geld zu meistern, muß man sich zuerst meistern".

      RE: zum Schmunzeln

      @sputnik

      Nett!

      @all

      Mein Beitrag sollte übrigens nicht als unerlaubte Rechtsberatung verstanden werden, sondern war lediglich, aufgrund meiner beruflichen Rechtskenntnis, als netter Hinweis gemeint. Dieses Rechtsgebiet stellt allerdings kein Spezialwissen meinerseits dar.
      @1955

      Die veröffentlichten Charts stammen nicht von TradeSignal sondern werden über ein eigenes Charting-Modul (Lizenzgeber ist TradeSignal in Zusammenarbeit mit Systemsoft) erstellt. Ich selbst als Verfasser/Autor kann mich ja wohl urheberrechtlich nicht selbst "verfolgen". :D

      Nichts für ungut!

      P.S.
      Allerdings sollte man aufpassen, dass einem die Dt. Börse AG als kommissionierender Kursdatenlieferant nicht einen Strick dreht und einen als gewerblichen Kunden einstuft (was natürlich das Datenfeed um einiges teurer werden lässt), was aber nur über den jeweiligen Datenprovider festgestellt und gemeldet werden könnte.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „Exlibris“ ()

      exlibris hat recht. und ob godmode die beiträge geklaut haben soll, ist eher fraglich. sie werden sich schon mit traders geeinigt haben bzw. machen gegenseitige pr, um sich zu unterstützen.
      deshalb vorsicht bei der einstellung von ungenehmigten beiträgen.

      blueeyemax
      @all

      Publikationen in dieser Form zu vervielfältigen und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne vorheriger schriftlicher Genehmigung des Autors/Verfassers, verstößt gegen geltendes Urheberrecht und kann zivil- und strafrechtlich verfolgt werden. Dies kann nur durch eine Verlinkung auf die Website des Autors/Verfassers "umgangen" werden.
      @all

      zweioeltanks, Du hast vollkommen recht:

      Eigentlich heißt es bei Godmode so:
      "Die BörseGo GmbH gestattet die Übernahme von Texten in Datenbestände, die ausschließlich für die privaten Zwecke eines Nutzers gedacht sind. Jegliche Vervielfältigung, Weiterverbreitung und Nutzung zu anderen Zwecken als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Genehmigung der BörseGo GmbH."

      Denkt mal darüber nach, um auch Hintman "Ärger" zu ersparen.

      sm
      Hi,

      ich weiss nicht genau ob dass produktiv ist, aber ich mache mir etwas Sorgen darüber wenn hier Inhalte von anderen Websites 1:1 eingestellt werden. Berichtigt mich wenn ich falsch liege, aber soweit ich weiss ist das ohne einwilligung des Autors/Rechteinhabers eigentlich nicht erlaubt (Anbringung eines Quellennachweises/Copyrightvermerkes reicht nicht), bzw. es ist auch nicht besonders nett, da der Autor es ja verfasst hat um seine Publikation/Website damit zu bereichern.
      Vielleicht wäre es fairer wenn man nur einen Link auf den betreffenden Artikel anbringt und dazu schreibt worum es geht, oder warum man das interessant findet.

      Gruss
      ~Lars

      Jesus von Nazareth und scheinbare Paraxoxe

      von Michael Vaupel

      Mein Kollege Bill Bonner ist weiter auf großer USA-Rundreise. Gestern hat er sich mit dem Thema Religion beschäftigt – "nirgendwo sonst in der Christenheit gehen die Leute öfter in die Kirche als in den USA". Für den heutigen "Investor's Daily" schrieb er Folgendes:

      "Jesus von Nazareth hat niemals studiert, aber er ging mit offenen Augen durchs Leben. Er bemerkte, dass das Leben nicht annähernd so einfach war, wie einem das Präsidentschaftskandidaten oder Aktienbroker weismachen wollen. Man bekommt nicht notwendigerweise mehr, wenn man Dinge erhält, betonte er. Man bekommt mehr, wenn man abgibt, sagte er. Wirklichen Ruhm erhält man nicht in großartigen Arbeiten ... sondern in guten. Und wenn man für immer leben will, dann muss man sterben."

      "Die meisten Menschen betrachten diese Paraxode mit Zweifel, wenn nicht sogar Abscheu. Aber es gibt so viele Parallelen in der Natur – und an freien Märkten – dazu, dass sie meiner Ansicht nach eine versteckte Architektur des Lebens selbst widerspiegeln:"

      "Die Investoren machen das meiste Geld mit Vermögensanlagen, die niemand haben will (die, die dann aber auch am niedrigsten bewertet sind)."

      "Ein Investor hat dann das größte Verlustrisiko, wenn er am selbstsichersten ist (Hochmut kommt vor dem Fall)."

      "Und die erfolgreichsten ersten Investments eines Anlegers sind die, in denen er das meiste Geld verliert (die ersten werden die letzten sein)."

      Skandal! Unseriöse Börsenbriefe, Teil 2

      Sorry für die Verschiebung! ;)

      Skandal! Unseriöse Börsenbriefe, Teil 2

      von Michael Vaupel

      Gestern hatte ich Ihnen versprochen, heute ein besonders dreistes Beispiel für die Vorgehensweise "unseriöser Börsenbriefe" zu schildern. Also, los geht's. Ich hoffe, Sie sitzen gut. Sonst setzen Sie sich besser hin.

      An dieser Stelle möchte ich zunächst Trader's Daily Leser Thomas H. danken, der mich auf diesen Fall aufmerksam gemacht hat. Danke! Solche Leser braucht der Trader's Daily.

      Also, es geht natürlich um einen kleinen Nebenwert. Klar, denn da funktioniert das "Pushen" am besten. Der Name dieses Nebenwerts: Der Biotech-Titel Kaire Holdings (WKN 358689). Der wurde am am 16. Februar 2004 von einem Börsenbrief empfohlen, mit Kursziel von "knapp 2 Dollar – bei einem aktuellen Kurs von lächerlichen 0,25 Dollar!" Aha. Warnsignal Nummer 1. Diese Aktie sollte sich also im Kurs verachtfachen. Dabei ließ sich von dieser Gesellschaft noch nicht einmal eine Homepage finden, die Marktkapitalisierung lag deutlich unter 2 Millionen Dollar.

      Hatte da vielleicht der empfehlende "Analyst" vorher selber gekauft?

      Völlig sprachlos war ich dann aber, als ich nach dem Hinweis von Thomas H. bei der amerikanischen Börsenaufsicht überprüft habe, was dort zu Kaire Holdings zu finden ist:

      Unter dem Datum 17.02.2004 – also EINEN TAG (!) nach der Empfehlung des Börsenbriefs für Kaire Holding – wurde bei der amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) der Antrag gestellt, eine Wandelanleihe der Gesellschaft im Volumen von 370.000 Dollar in Kaire Holdings Aktien zu tauschen. Zum Bezugspreis von 6 Cents je Aktie. Was das zu bedeuten hat:

      Diese Wandelanleihe war am 12. Dezember 2003 herausgegeben worden. Zu 8 % verzinslich, mit dem Recht, den Nominalbetrag in Aktien der Kaire Holdings umzuwandeln. Und zwar zu 6 Cents je Aktie. Oder noch weniger. Denn in den Bedingungen zur Umwandlung der Wandelanleihe habe ich sinngemäß diese Formulierung gefunden: Maximal 6 Cents, oder 70 % des Durchschnitts der letzten drei Schlusskurse der letzten 30 Handelstage. Aha. Wieso habe ich das Gefühl, dass der Umwandlungskurs noch niedriger als die genannten 6 Cents lag?

      Diese 370.000 Dollar Wandelanleihe waren von 4 Gesellschaften gekauft worden. Darunter der "Alpha Capital Aktiengesellschaft", die für 100.000 Dollar gekauft hatte. Diese Alpha Capital Aktiengesellschaft wollte nun für ihre 100.000 Dollar 1.666.666 Aktien erhalten (zu 6 Cents je Aktie). Und das unmittelbar nach der Empfehlung des Börsenbriefes. (Übrigens: Diese 1.666.666 Aktien sind das MINIMUM. Denn vielleicht lag der Umwandlungskurs noch niedriger – siehe oben, und die Alpha Capital Aktiengesellschaft hat für ihre 100.000 Dollar Wandelanleihe noch mehr Aktien erhalten. Laut Bedingungen zur Umwandlung der Wandelanleihe könnte die Alpha Capital Aktiengesellschaft für ihre 100.000 Dollar auch bis zu 3.333.334 Aktien erhalten haben.)

      Die anderen Antragsteller: Gamma Opportunity Capital Partners mit 100.000 Dollar, Longview Fund mit 120.000 Dollar und Standard Resources Limited mit 50.000 Dollar.

      Liege ich da völlig falsch, wenn sich mir der Verdacht aufdrängt, dass der Zeitpunkt der Empfehlung und der Zeitpunkt der Antragstellung, die Wandelanleihe umzuwandeln, abgesprochen war? Denn natürlich wollten nach der Empfehlung des Börsenbriefs viele Anleger(innen) die Aktie von Kaire Holdings kaufen, es kam natürlich zu relativ großen Umsätzen für diesen ansonsten extrem marktengen Titel. Diese Alpha Capital Aktiengesellschaft hätte also vielleicht alle 1.666.666 (oder noch mehr) erhaltenen Aktien problemlos verkaufen können. Ohne Empfehlung des Börsenbriefs wäre das auf keinen Fall so leicht möglich gewesen.

      Unterstellen wir einmal, sie hätte dabei für die minimal erhaltene Aktienanzahl "nur" umgerechnet 25 Dollar-Cents erhalten (also den Kurs zum Zeitpunkt der Empfehlung). Dann wären das 416.665,50 Dollar gewesen. Ok, ein paar Dollar Gebühren müssten noch abgezogen werden.

      Bleibt aber trotzdem ein Gewinn für die "Alpha Capital Aktiengesellschaft" von gut 300.000 Dollar gegenüber dem Einsatz von 100.000 Dollar. Und das innerhalb von noch nicht einmal 3 Monaten! Denn die Wandelanleihe war ja erst am 12. Dezember 2003 herausgegeben worden, und am 17.02.2004 wurde der Tausch in die Aktien beantragt. Also 200 % Plus in gut 2 Monaten. Keine schlechte Rendite. Wohlgemerkt: Für die Alpha Capital Aktiengesellschaft.

      Und welche Gewinne hätten die Investoren erzielt, die der Empfehlung dieses Börsenbriefs gefolgt wären und die Aktie mit "Kursziel von knapp 2 Dollar" gekauft hätten? Überhaupt keinen Gewinn. Im Gegenteil. Der Kurs hat sich mehr als halbiert, steht in Frankfurt gerade bei 8,4 Eurocents.

      Meine Angaben können Sie leicht überprüfen, denn zum Glück veröffentlicht die SEC entsprechende Anträge. Den konkreten Antrag auf Umwandlung der Wandelanleihe, datiert auf den 17.02.2004, finden Sie unter der folgenden Adresse (bitte ohne Leerzeichen eingeben):

      sec.gov/cgi-bin/browse-edgar? action=getcompany& filenum=333–112861& owner=include

      Dort finden Sie alle genannten Informationen.

      Etwas ganz anderes ist es, dem Börsenbrief daraus einen Strick zu drehen. Denn natürlich kann es auch rein "zufällig" gewesen sein, dass die Empfehlung für diese Aktie und die Antragstellung auf Umwandlung der Wandelanleihe kurz hintereinander erfolgten. Natürlich, Zufall. Ich würde solchen Halunken am liebsten das Handwerk legen! Aber ich muss aufpassen, was ich schreibe. Leider Gottes hat man schnell eine Klage am Hals, wenn man nur die Wahrheit ausspricht.

      Auf jeden Fall möchte ich, dass Sie solchen Börsenbriefen gegenüber kritisch sind! Genauso, wie ich möchte, dass Sie auch meine Empfehlungen kritisch prüfen und erst dann befolgen. Ich bin weniger daran interessiert, Ihnen "heiße Tipps" zu geben, sondern mehr daran, dass Sie selbst solche "heißen Tipps" finden. Dazu passt auch gut das heutige "Zitat des Tages".

      Jetzt wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende! In der südlichen Hälfte Deutschlands soll ja endlich der Sommer einkehren ...

      Michael Vaupel

      P.S.: Wenn jemand von Ihnen Näheres über diese ominöse "Alpha Capital Aktiengesellschaft" weiß – dann schreiben Sie mir bitte (info@investor-verlag.de). Danke!

      Skandal! Unseriöse Börsenbriefe, Teil 3

      von Michael Vaupel

      Heute möchte ich meine "Aufdeckerstory" vom letzten Freitag fortsetzen. Denn über diesen Fall habe ich mich wirklich aufgeregt. Zur Erinnerung die Kurzversion dieser Geschichte:

      Ein Börsenbrief hat einen sehr marktengen Titel, den Biotech-Titel "Kaire Holdings" empfohlen, mit "Kursziel von knapp zwei Dollar – bei einem aktuellen Kurs von lächerlichen 0,25 Dollar!" Dabei hatte (und hat) diese Gesellschaft noch nicht einmal eine eigene Homepage. Wie auch immer, EINEN TAG (!) nach der Empfehlung dieses Börsenbriefs wurde eine Kaire-Wandelanleihe umgewandelt, und zwar konnten die Verkäufer dieser Wandelanleihe ihren Einsatz in Kaire-Aktien eintauschen, für maximal 6 Cents je Aktie. Ein Schelm, wer da denkt, die Empfehlung des Börsenbriefs wäre nur deshalb erfolgt, damit die Besitzer der Wandelanleihe ihre frisch getauschten Aktien bequem zum mindestens Vierfachen des Bezugspreises verkaufen konnten! Unter den Verkäufern der Wandelanleihe befand sich eine "Alpha Capital Aktiengesellschaft", die für 100.000 Dollar Kaire-Aktien erhielt. Und die durch diese Transaktion laut meiner Berechnung mindestens 300.000 Dollar Gewinn erzielt haben müsste. Ein lohnendes Geschäft, nicht war? Leider nicht für diejenigen, die der Empfehlung des Börsenbriefs gefolgt sind. Denn der Kurs der Kaire-Aktie hat sich halbiert und sogar gedrittelt. Soviel zu der Topp-Empfehlung, die laut dem Börsenbrief die "heißeste Turnaround-Spekulation der Welt" war! (Übrigens: Wenn Sie die komplette Story vom letzten Freitag nicht gelesen haben: Gerne schicke ich sie Ihnen per Email zu, schreiben Sie dazu einfach an info@investor-verlag.de).

      Jetzt die Fortsetzung:

      Denn im Quartalsbericht (1. Quartal 2004) von Kaire-Holdings habe ich einige interessante Fakten gefunden. Zunächst zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens: Denn da reichte mir schon ein Blick, um zu sehen, dass dieser Titel für mich niemals eine "Top-Empfehlung" gewesen wäre. Oder was würden Sie sagen, wenn Sie sehen, dass Kaire-Holdings im ersten Quartal '04 einen Nettoverlust von 422.018 Dollar erzielt hat, bei Umsätzen von 499.818 Dollar? Achja, und dann gab es da noch ein nicht näher beziffertes "net working deficit" von sage und schreibe 1.760.954 Dollar alleine im ersten Quartal '04. Die Bargeldbestände von Kaire schmilzen dahin, wie Butter in der Sonne. Das müsste doch alle Alarmglocken klingeln lassen! Aber nein, ich vergaß, laut dem genannten Börsenbrief ist das Unternehmen "erfolgreich und äußerst vielversprechend positioniert" ...

      Jetzt aber der wirkliche Hammer: Denn Kaire-Holdings hat eine neue Wandelanleihe verkauft. Im Volumen von 850.000 Dollar, verzinslich zu 8 %. Und eintauschbar in Kaire-Aktien, zu entweder a) 9 Cents je Aktie oder b) 85 % des durchschnittlichen Schlusskurses in den Handelstagen vor Ausübungstag (den der Besitzer der Wandelanleihe bestimmen kann).

      Und raten Sie mal, wer diese Wandelanleihe gekauft hat? Richtig – fast genau die gleichen, die sich bereits mit der ersten Wandelanleihe eine goldene Nase verdient hatten! Neben "Gamma Opportunity Capital Partners" (200.000 Dollar) der Longview Fund (100.000 Dollar) und an erster Stelle die bereits genannte "Alpha Capital Aktiengesellschaft" mit 350.000 Dollar. Nun ja, kann man ja verstehen ... denn das erste Mal hatte diese letztgenannte Firma ja mit 100.000 Dollar Einsatz Minimum 300.000 Dollar Gewinn gemacht, in nur gut 2 Monaten. Da kann man doch jetzt den Einsatz erhöhen (mit dem zuvor erzielten Gewinn), auf diese 350.000 Dollar ...

      Also: Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier das gleiche Spiel wie beim ersten Mal betrieben werden soll! Natürlich könnte das alles "Zufall" sein. Deshalb will ich mich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich hoffe allerdings, dass SIE meine Informationen zu nutzen wissen. Und NICHT kaufen, wenn auf einmal wieder eine Kaufempfehlung für "Kaire Holdings" auftaucht. Ich würde wetten, dass unmittelbar nach dieser Kaufempfehlung auch die neue Wandelanleihe eingetauscht würde ...

      Übrigens: Ich habe über diese "Alpha Capital Aktiengesellschaft" nichts Näheres herausfinden können. Falls Sie mehr als ich wissen: Bitte schreiben Sie mir doch an info@investor-verlag.de

      Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche!

      Michael Vaupel

      Unseriöse Börsenbriefe, Teil 1

      von Michael Vaupel

      So schrieb mir z.B. Trader's Daily Leser Wolfgang P.: "Da werden oft an einem Sonntag marktenge Aktien empfohlen, welche dann bei der Eröffnung am Montag schon mit mindestens 50 % plus starten. Vielleicht dann noch ein wenig weiter steigen, oder auch dann gleich wieder fallen nach der Eröffnung."

      Bei unseriösen Börsenbriefen könnte ich mir sehr gut vorstellen (ich formuliere es bewusst vorsichtig), dass der betreffende Analyst die Aktien schon vorher gekauft hat ... und genau dann verkauft, wenn seine Leser(innen) kaufen sollen. Wenn es also zu diesem 50 %igen Kurssprung kommt.

      Klar, dass dieses "Pushen" nur bei kleineren und kleinsten Titeln wie Cash Financial Services oder Pine Technology funktioniert.

      Ich habe dafür eindeutige Hinweise von Ihnen erhalten. Nur: Dieses unverschämte Fehlverhalten den betreffenden Analysten nachweisen zu können, ist eine andere Sache. Ich bleibe auf jeden Fall für Sie am Thema dran. Und Sie können mir glauben, dass ich mir mit Kritik an der Praxis diverser Börsenbriefe keine Freunde mache.

      Derzeit gehe ich Ihren zahlreichen Hinweisen nach. Und versuche gerade, zu einem bestimmten Fall mehr Informationen zu erhalten. Wenn sich mein Verdacht bestätigt, dann hat es sich dabei um einen besonders dreisten Fall von "Abzocke" gehandelt. Damit beschäftige ich mich nun ... und werde Ihnen Morgen mehr dazu berichten! Sie dürfen gespannt sein.

      Beste Grüße,

      Michael Vaupel