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ABGELTUNGSTEUER - Der neue Steuerwahnsinn
Von Kai Lange
Die Abgeltungsteuer hätte das deutsche Steuersystem einfacher und gerechter gestalten können – wurde aber von der Koalition gründlich vermurkst. Sie ist in der vorliegenden Form unsystematisch, ungerecht und eine Katastrophe für die private Altersvorsorge. Neun Gründe, warum die neue Steuer scheitern wird.
Hamburg - Es begann mit einer guten Idee. Kapitaleinkünfte sollten einheitlich und mit flachem Steuersatz besteuert werden, am besten direkt an der Quelle auf Ebene der Bank. Damit soll die Steuerschuld derjenigen, die mit Geld Geld verdienen, abgegolten sein: Für Anleger, Banken und Finanzamt würde alles übersichtlicher, und im deutschen Steuerwesen ginge es gerechter zu.
Es sollte Schluss damit sein, dass nur die Ehrlichen die Dummen sind: Fahnder des Fiskus müssten nicht mehr durch sämtliche Konten schnüffeln, um Steuerhinterzieher aufzuspüren. Denn dass auch Kapitaleinkünfte wie Zinsen, Dividenden oder Aktiengewinne grundsätzlich besteuert werden müssen, mag niemand ernsthaft bestreiten: Ist der einheitliche Steuersatz klug gewählt, lässt sich vielleicht sogar die Kapitalflucht aus Deutschland stoppen. "25 Prozent von x sind besser als 42 Prozent von nix", feixte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Doch es kam anders. Das Gesetz zur Abgeltungsteuer, das am 6. Juli vom Bundesrat ratifiziert wird, ist so gründlich misslungen, dass an Steinbrücks Floskel nix, aber auch gar nix mehr stimmt.
Es beginnt mit dem Steuersatz. Mit Soli und Kirchensteuer beträgt die reale Steuerbelastung auf Kapitalvermögen ab Januar 2009 nicht 25, sondern rund 28 Prozent - eine Belastung, mit der Deutschland europaweit spitze ist. Indem die Koalition zusätzlich die Steuerfreiheit auf langfristige Kapitalanlagen abschafft, das Halbeinkünfteverfahren bei Dividenden kippt sowie den Freibetrag für Spekulationsgewinne streicht, belastet sie vor allem mittlere und kleine Einkommen.
In Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer den Spitzensteuersatz von 42 Prozent ins Spiel zu bringen, ist Augenwischerei. Steinbrücks "x" steht nicht für die Vermögenden, sondern für die große Zahl kleiner Sparer, bei denen sich der Fiskus künftig kräftig bedient. Vermögende werden dagegen vielfach entlastet - und für Aktienanlagen steht ihnen immer noch der Weg nach Luxemburg und in die Schweiz offen.
Die Abgeltungsteuer ist in der vorliegenden Form nicht nur ungerecht, sondern auch steuersystematisch unsauber. Verfassungsklagen sind programmiert, sobald 2010 die ersten Steuerbescheide verschickt werden. Die Politik wird nachbessern und Reparaturgesetze auf den Weg bringen müssen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Weder einheitlich noch gerecht
Mit der "einheitlichen Besteuerung" ist das so eine Sache. Während Kapitalerträge aus Aktienverkäufen, Dividenden, Zinsen oder Zertifikaten unter die neue Steuer fallen, bleiben Erträge aus Immobilienverkäufen außen vor. Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes sowie dem daraus abgeleiteten Prinzip, dass wirtschaftlich gleiche Sachverhalte steuerlich gleich zu behandeln sind, ist dies kaum zu vereinbaren.
Unklar bleibt auch, warum Erträge aus thesaurierenden Fonds jährlich besteuert werden, während Erträge aus Kapitallebensversicherungen erst am Ende der Laufzeit zu versteuern sind. Obwohl thesaurierende Aktienfonds, die Millionen deutscher Aktiensparer in ihren Depots haben, gar kein Geld ausschütten und die Erträge stattdessen wieder im Fondsvermögen anlegen, unterstellt der Fiskus, es wäre Geld geflossen (Zuflussfiktion).
Verlustanrechnung wird erschwert
Dies ist die Grundlage, um Jahr für Jahr Steuern abzuschöpfen. Die Gesamtverzinsung von Kapitallebensversicherungen dagegen kann bis zum Laufzeitende wachsen und wird erst dann besteuert. Eine saubere steuerliche Systematik sieht anders aus.
Der Fiskus schränkt außerdem die Möglichkeit für Anleger ein, Verluste anzurechnen. Während er bei Gewinnen aus Kapitaleinkünften gleichmäßig die Hand aufhält, verweigert er Sparern die Möglichkeit, Verluste aus Aktienanlagen zum Beispiel mit Gewinnen aus Zinsanlagen zu verrechnen. Auch hier wird das Prinzip der Gleichbehandlung verlassen.
Zertifikate schon jetzt steuerpflichtig
Abenteuerlich ist auch die in letzter Minute eingebrachte Sonderregelung für Zertifikate: Während die Abgeltungsteuer für alle anderen Anlageklassen erst ab Januar 2009 greift, fallen Zertifikate, die nach dem 14. März 2007 gekauft und über den 30. Juni 2009 hinaus gehalten werden, bereits jetzt unter die Abgeltungsteuer.
Unterschiedliche Anlageklassen werden also weiterhin unterschiedlich besteuert. Mit dem fortgesetzten Steuerwirrwarr könnten Sparer notfalls noch leben. Doch die Belastungen durch die Abgeltungsteuer sind außerdem noch ungerecht verteilt: Sie bedeutet eine deutliche Steuersenkung für Spitzenverdiener, während auf kleine und mittlere Einkommen eine steigende Belastung zukommt.
Mittlere und kleine Einkommen werden abkassiert
Je geringer der persönliche Steuersatz, desto stärker die Belastung durch die Abgeltungsteuer. Wer bislang bei einem persönlichen Steuersatz von 25 Prozent auf 1000 Euro Dividende insgesamt 125 Euro Steuern zahlte (bislang wurden nur 500 Euro mit dem persönlichen Satz besteuert), zahlt ab 2009 die doppelte Summe. Mit der Abschaffung des Halbeinkünfteverfahrens kehrt der Fiskus komplett zur Doppelbesteuerung zurück: Er besteuert den bereits vom Unternehmen versteuerten Gewinn noch einmal auf der Anlegerebene voll.
Um Ersparnisse kleiner und mittlerer Einkommen stärker besteuern zu können, hat der Gesetzgeber nicht nur den Sparerfreibetrag auf nun 801 Euro beinahe halbiert, sondern auch die Freigrenze für Spekulationsgewinne in Höhe von 512 Euro gestrichen. Das bedeutet, dass bei einer Jahresrendite von 4 Prozent nur noch Spareinlagen bis zu einer Höhe von 20.000 Euro steuerfrei sind: Bei jedem Euro darüber hinaus kassiert der Fiskus mit. Zum Vergleich: In Frankreich können Anleger pro Jahr 20.000 Euro Gewinne aus Aktiengeschäften einfahren, ohne einen Cent Steuer darauf zu zahlen.
Der Sparerfreibetrag von 801 Euro für Ledige scheint dem deutschen Gesetzgeber aber immer noch so üppig zu sein, dass er Sparern die Möglichkeit nimmt, zum Beispiel Transaktionskosten (beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren) anzurechnen. Damit verabschiedet sich der Fiskus vom Nettoprinzip: Für ihn gibt es nur noch Gewinne, die beim Aktiensparen entstehenden Kosten werden nicht berücksichtigt.
Sparer, die dennoch auf Aktienanlage setzen, zahlen damit den höchsten Preis - obwohl in politischen Sonntagsreden immer wieder betont wird, dass gerade diese Gruppe stärker auf Aktien setzen sollte.
Da außerdem noch die Haltefristen abgeschafft werden, wird die Altersvorsorge mit Aktien für viele Sparer in Deutschland uninteressant.
Private Altervorsorge abgewürgt
Bislang sind Gewinne aus Aktiengeschäften in Deutschland steuerfrei, wenn die Papiere länger als ein Jahr gehalten wurden. Dass diese Regelung im internationalen Vergleich sehr großzügig war und irgendwann fallen würde, ist nachzuvollziehen.
Dass der Gesetzgeber jedoch die Haltefristenregelung abschafft, ohne irgendeinen Puffer für Langfristsparer einzuziehen, hat für die Betroffenen fatale Folgen: Sie fallen von der Steuerfreiheit direkt in die höchste Steuerbelastung in Europa hinein.
Dabei stehen hohe Summen auf dem Spiel. Wer 30 Jahre lang jeden Monat 100 Euro spart und eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,3 Prozent erzielt, kassiert nach geltendem Recht rund 150.000 Euro steuerfrei. Mit der Abgeltungsteuer werden auf den gleichen Ertrag künftig 32.000 Euro Steuern fällig. Dass die europäischen Nachbarländer behutsamer mit Langfristsparern umgehen (Spekulationsgewinne in Österreich nach zwölf Monaten steuerfrei, in Frankreich nach acht Jahren komplett steuerfrei) oder einen deutlich niedrigeren Abgeltungsteuersatz ansetzen (Italien 12,5 Prozent, Spanien 18 Prozent), ficht den deutschen Gesetzgeber nicht an.
Die Politik wirbt für die private Altersvorsorge - die sie gleichzeitig steuerlich stark belastet. Der Hinweis, dass für das Aktiensparen immer noch die Riester-Altersvorsorge bleibe, geht an der Realität vorbei. Die Riester-Rente bietet nur eingeschränkte und mit zahlreichen Vorgaben verbundene Möglichkeiten, die Rentenlücke zu füllen. Sparer, die sich nicht vom Staat entmündigen lassen wollen und auf andere Sparformen setzen, werden künftig scharf besteuert.
Stichtag schafft Zweiklassengesellschaft
Wer bereits jetzt genug Geld hat, kann sich noch durch Einmalinvestitionen bis Ende 2008 Steuerfreiheit sichern. Wer sich, wie die Mehrzahl der Deutschen, eine Rücklage erst durch geduldiges Sparen aufbauen muss, läuft direkt in die stärkere Besteuerung hinein. Viele Anleger dürften sich daher ab 2009 wieder dem Sparbuch und anderen festverzinslichen Anlageformen zuwenden: Warum sollten sie das Risiko einer Aktienanlage noch auf sich nehmen, wenn der Fiskus unabhängig von der Haltedauer einen guten Teil der Rendite abkassiert?
Kapitalflucht angeheizt
Vermögende Anleger profitieren in mehrfacher Weise von der Abgeltungsteuer. Ihre Steuerlast auf festverzinsliche Wertpapiere fällt dramatisch, da sie Zinsen künftig nicht mehr mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 42 Prozent, sondern nur noch mit rund 28 Prozent versteuern müssen.
Außerdem werden mit Einführung der anonymen, pauschal abgeführten Steuer ab 2009 viele vermögende Deutsche für das Finanzamt rechnerisch ärmer, da ihre Kapitaleinkünfte nicht mehr im persönlichen Steuerbrutto auftauchen. Mit dem sinkenden Jahreseinkommen bleibt vielen Vermögenden nicht nur die Reichensteuer erspart - sie kommen ohne Kapitaleinkünfte in den Genuss ungeahnt niedriger persönlicher Steuersätze.
Der Plan des Gesetzgebers, mit Hilfe der Abgeltungsteuer Geld nach Deutschland zurückzuholen, wird sich in wenigen Jahren dennoch als Illusion erweisen. Für vermögende Anleger wird es lediglich interessant sein, ein Depot mit festverzinslichen Wertpapieren in Deutschland zu führen. Für Besitzer großer Aktiendepots wird Deutschland ab 2009 dagegen zu einem Hochsteuerland.
Bereits jetzt basteln Luxemburger Banken an Fondsmodellen, mit deren Hilfe vermögende Kunden aus Deutschland die Abgeltungsteuer umgehen können. Solche steuersparenden "Millionärsfonds" stehen nur einer ausgewählten Klientel offen. Sollte der deutsche Fiskus dieser Steuersparmethode noch einen Riegel vorschieben, ist weitere Kapitalflucht nach Luxemburg oder in die Schweiz programmiert. Kapital bleibt mobil, und mit einem Steuersatz auf Kapitalerträge von 28,5 Prozent wird Deutschland kein Kapital anziehen.
Ein bürokratisches Monstrum
Die Abgeltungsteuer sollte die Besteuerung für Anleger, Banken und das Finanzamt vereinfachen - schafft aber ein neues bürokratisches Monstrum. Noch ist völlig unklar, wie zum Beispiel die Anrechnung von Verlusten bei Spekulationsgeschäften funktionieren soll.
Von Gewinnen kann die Bank im Moment des Verkaufs 28,5 Prozent Steuer abziehen, doch entstehen bei einem späteren Aktiengeschäft im gleichen Jahr Verluste, ist äußerst zweifelhaft, dass die Bank für den Fiskus in Vorleistung tritt und einen Teil der vorab einkassierten Steuer sofort zurückerstattet. Möglicherweise werden Gewinne und Verluste erst zum Jahresende verrechnet, um die Steuerschuld zu berechnen. Doch wenn ein Sparer bei verschiedenen Banken Depots führt, ist ein weiterer zeitaufwendiger Abgleich der Banken untereinander unvermeidbar.
Steuerbescheide 20 Jahre aufheben
Eine noch größere Nervenprobe droht Besitzern thesaurierender Fonds: Sie müssen ihre jährlichen Steuerbescheide womöglich über 20, 30 Jahre aufbewahren, um die aufgrund der Zuflussfiktion jährlich gezahlten Steuern auf Erträge zum Zeitpunkt des Verkaufs des Fonds anrechnen zu können. Das werden sich nur echte Fans thesaurierender Fonds antun wollen.
Die Behauptung, eine Steuererklärung für Kapitaleinkünfte würde mit Einführung der Abgeltungsteuer überflüssig, ist Unsinn. Viele Anleger mit einem persönlichen Steuersatz unter 25 Prozent sind weiterhin zu einer persönlichen Veranlagung gezwungen, wenn sie sich im Rahmen der so genannten "Günstigerprüfung" ihr Geld zurückholen wollen.
Das Finanzamt wird seinerseits den Anspruch auf Kontrollmitteilungen beibehalten und im Einzelfall auf Kontendurchsicht bestehen. Im Kontrollbereich ändert sich nichts. Die Abgeltungsteuer wird kaum eine Entlastung für Anleger und Finanzämter, sondern vor allem eine Zusatzbelastung für Finanzinstitute bringen.
Inflation wird besteuert
Mit der Abgeltungsteuer in der vorliegenden Form erhebt der deutsche Fiskus auch Steuern auf die jährliche Teuerungsrate. Bei einer angenommenen Inflation von 2,5 Prozent pro Jahr verliert Geld innerhalb von 30 Jahren die Hälfte seiner Kaufkraft. Eine Geldanlage, die innerhalb dieses Zeitraums von 50.000 Euro auf 100.000 Euro ansteigt, ist in ihrer realen Kaufkraft nicht gewachsen.
Dennoch erhebt der Fiskus auf den inflationären Scheingewinn eine Abgeltungsteuer von rund 14.000 Euro. Die Besteuerung sorgt dafür, dass der Anleger real ein Verlustgeschäft macht - Inflation und Steuern knabbern an der Substanz. Andere europäische Staaten wie Frankreich oder England lösen dieses Problem, indem sie die Steuerlast mit wachsender Haltedauer verringern - der deutsche Fiskus scheint dagegen darauf zu vertrauen, dass ewig boomende Märkte auch nach Abzug von Steuer und Inflation für den Anleger noch genug abwerfen.
Investivlohn wird beschädigt
Die neue Steuer beschädigt außerdem das von Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler beworbene Modell des Investivlohns. Damit sich die Schere zwischen wachsenden Unternehmensgewinnen und stagnierenden Löhnen nicht noch weiter öffnet, sollen Arbeiter und Angestellte über Investivlöhne (zum Beispiel Belegschaftsaktien) am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden.
Doch welcher Mitarbeiter will noch zum Anteilseigner seines Arbeitgebers werden, wenn der Fiskus im Erfolgsfall knapp 30 Prozent der Rendite abschöpft? Beteiligungsmodelle sind langfristig angelegt, und gerade in diesem Bereich greift die Abgeltungsteuer zu. Das "Zukunftsmodell" Investivlohn verliert durch die Steuerreform an Zugkraft.
Binnenkonsum gebremst
Der aktuelle Boom an den Aktienmärkten kommt in den USA auch in der Bevölkerung an und macht sich durch eine verstärkte Binnenkonjunktur bemerkbar. In Deutschland dagegen geht die Aktienhausse an den meisten privaten Anlegern vorbei. Impulse für den Binnenmarkt müssen aus einer anderen Richtung kommen.
US-Bürger sind über Pensionsfonds traditionell stärker am Aktienmarkt engagiert, die durchschnittliche Aktienquote eines US-Bürgers ist mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.
Dies führt dazu, dass Bürger in den USA im langjährigen Durchschnitt eine deutlich höhere Rendite auf ihr Erspartes erzielen als die Bundesbürger: Diese verzichten auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr, weil sie überproportional viel Geld in sichere Anlage mit niedrigerer Langfristrendite stecken.
Vermögenseffekt bleibt aus
Dieser Trend wird durch die Abgeltungsteuer verstärkt. Die Steuer wird die durchschnittliche Aktienquote in Deutschland senken. Volkswirte mögen sich zwar für den Standort Deutschland wünschen, dass robuste Aktienmärkte auch hierzulande einen sogenannten Vermögenseffekt in der breiten Bevölkerung zeigen und auf diese Weise die Binnenkonjunktur stimulieren.
Doch solange eine schärfere Besteuerung die Aktie schlechter stellt als andere Anlageformen, ist nicht mit einem Run auf Dividendenpapiere zu rechnen.
Eigenkapital trockengelegt
Wenn Anleger aufgrund der Abgeltungsteuer von Aktien Abschied nehmen und auf festverzinsliche Geldanlagen umschwenken, ist das zunächst ihre Privatsache. Warum sollten sie auch das Risiko von Kursschwankungen auf sich nehmen, wenn Aktien nach Steuern nicht deutlich mehr Rendite abwerfen als risikoarme, festverzinsliche Papiere?
Für deutsche mittelständische Unternehmen, die ohnehin nur mit wenig Eigenkapital ausgestattet sind, wird es damit jedoch schwieriger, sich zusätzliches Eigenkapital am Kapitalmarkt zu besorgen und darüber eventuell ihr weiteres Wachstum zu finanzieren.
Die Finanzierung über Fremdkapital, zum Beispiel über Anleihen, dürfte stattdessen ab 2009 zunehmen. Dieser hohe Fremdfinanzierungsgrad wird in Zeiten verschärfter Richtlinien zur Kreditvergabe (Basel II) teuer: Deutschland fehlt im Vergleich zu anderen Ländern Eigen- und Risikokapital, doch die Abgeltungsteuer legt genau diese Geldquellen weitgehend trocken, indem sie Aktienkäufer ausbremst.
Volkswirte rechnen fest damit, dass in den kommenden Jahren an der Abgeltungsteuer noch fleißig nachgebessert wird - nicht nur wegen der Folgen für die private Altersvorsorge, sondern auch wegen der Auswirkungen auf den Standort Deutschland. Mit einem niedrigeren, konkurrenzfähigen Abgeltungsteuersatz sowie einer Stufenregelung für Langfristanleger wäre ein Anfang gemacht.
Aktien:
Noch sind Kursgewinne steuerfrei, wenn Aktien länger als ein Jahr gehalten werden. Diese Steuerfreiheit wird fallen: Von 1000 Euro Kursgewinnen wird die Bank dann 250 Euro direkt an den Fiskus überweisen. Die Stichtagsregelung zum 1. Januar 2009 wird drastische Auswirkungen haben - wer bis 31. Dezember 2008 zum Beispiel 10.000 Euro in Aktien investiert und diese zehn Jahre lang hält, kassiert bei einer jährlichen Rendite von 7 Prozent knapp 20.000 Euro steuerfrei. Wer erst ab 2009 mit der gleichen Summe einsteigt, muss auf den Wertzuwachs von 10.000 Euro dagegen 2500 Euro Abgeltungsteuer zahlen. Auch bei Dividenden verdoppelt sich für viele Aktionäre die Steuerlast ...
Dividende:
Schüttet ein Unternehmen 1000 Euro Dividende an den Anleger aus, muss er davon derzeit nur die Hälfte zu seinem persönlichen Steuersatz versteuern, denn das Unternehmen zahlt die Dividende ja aus bereits versteuertem Gewinn. Dieses Halbeinkünfteverfahren wird mit der Abgeltungsteuer kassiert, so dass von 1000 Euro ausgezahlter Dividende künftig 250 Euro Steuer fällig werden. Für Anleger mit einem persönlichen Steuersatz von 25 Prozent verdoppelt sich damit ab 2009 die Steuerlast. Spürbar wird die Besteuerung von Dividenden vor allem für Besitzer von Aktienfonds ...
Investmentfonds:
Aktienfonds, die Erträge automatisch wieder anlegen (thesaurierende Fonds), sollen ebenfalls jährlich besteuert werden. Der Fiskus unterstellt, dass Erträge real geflossen seien ("Zuflussfiktion") und unterwirft diese Jahr um Jahr der Steuer. Die jährlich versteuerten Erträge sollen beim späteren Verkauf der Fondsanteile aus dem Veräußerungsgewinn herausgerechnet werden, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern. Dieses Verfahren ist extrem aufwendig und dürfte für noch mehr Bürokratie sorgen. Zertifikate unterliegen dieser jährlichen Ertragsbesteuerung zwar nicht, jedoch erwischt es sie auf andere Weise ...
Zertifikate:
In letzter Minute hat der Gesetzgeber per Sonderregelung durchgesetzt, dass Zertifikate, die nach dem 14. März 2007 gekauft und über den 30. Juni 2009 hinaus gehalten werden, bereits jetzt unter die Abgeltungsteuer fallen. Auf diese Weise will der Gesetzgeber verhindern, dass einige Emittenten mit endlos laufenden Zertifikaten, deren Basiswerte verändert werden können, die Abgeltungsteuer umgehen. Damit zählen auch die Zertifikate zu den großen Verlierern der Abgeltungsteuer.
Ausschüttende Fonds:
Bei Investmentfonds, die ihre jährlichen Erträge direkt an die Anleger ausschütten, greift die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zweimal zu: jedes Jahr bei den ausgeschütteten Erträgen und dann noch einmal zu dem Zeitpunkt, wenn der Anleger seine Fondsanteile mit Gewinn verkauft. Aus diesem Grund könnten Investmentfonds, die ihre Anleger mit jährlichen Ausschüttungen beglücken, künftig zu einer kleinen Minderheit gehören. Einen Aufschwung dürften dagegen Zinspapiere erleben ...
Anleihen und Zinspapiere:
Festverzinsliche Wertpapiere werden ab 2009 für Gutverdiener interessanter. Statt des persönlichen Steuersatzes von bis zu 42 Prozent (gegebenenfalls plus 3 Prozent Reichensteuer) werden auf Zinserträge dann nur noch 25 Prozent Abgeltungsteuer fällig. Kritiker befürchten, dass sich noch mehr Bundesbürger aus Aktien verabschieden, wenn risikoarme, festverzinsliche Papiere steuerlich bessergestellt und Risikopapiere wie Aktien belastet werden. Besonders hart getroffen werden zum Beispiel Sparpläne mit Aktienfonds ...
Sparpläne:
Bei langjährigen Aktien- und Fondssparplänen entfaltet die geplante Abgeltungsteuer ihre volle Wucht. Wer zum Beispiel 30 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen Aktienfondssparplan einzahlt, kann bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von 8 Prozent mit einem Endvermögen von rund 150.000 Euro rechnen – bislang steuerfrei. Sollte jedoch künftig der Wertzuwachs mit 25 Prozent Abgeltungsteuer belegt werden, würde das Durchhaltevermögen des Anlegers mit einem Steuerbescheid in Höhe von rund 32.000 Euro quittiert. Regelungen wie in europäischen Nachbarländern, die längerfristige Anlagen stufenweise steuerlich weniger belasten, sind bisher nicht vorgesehen.
Indexzertifikate:
Indexzertifikate auf Dax, MDax oder TecDax waren in der Vergangenheit bei Anlegern sehr beliebt, da sie wie ein steuerfreies Zinspapier auf den jeweiligen Index funktionieren. Da gezahlte Dividenden in die Performance des Index einfließen, können Besitzer von Indexzertifikaten nach einer Haltedauer von einem Jahr sowohl die Kursgewinne als auch die durchschnittliche Dividendenrendite des Index steuerfrei einstreichen. Mit dem Steuercharme der Indexzertifikate wird es ab 2009 vorbei sein.
Immobilienfonds:
Immobilien sollen laut der Eckpunkte zur Abgeltungsteuer nicht von der Abgabe erfasst werden. Damit dürfte auch der Verkauf offener Immobilienfonds nach einer Haltedauer von zehn Jahren steuerfrei sein: Immobilien und Immobilienfonds gehören folglich ebenso wie Anleihen zu den Gewinnern der Steuerreform.
Lebensversicherungen:
Erträge aus Kapitallebensversicherungen, die ab 1. Januar 2005 abgeschlossen werden, müssen versteuert werden. Allerdings gelten Ausnahmen: Sofern die Lebensversicherung mindestens zwölf Jahre lang bespart wird und der Versicherte 60 Jahre oder älter ist, muss er nur die Hälfte der Erträge versteuern. Eine Steuerlast von nur 12,5 Prozent auf die Gesamterträge könnte der Kapitallebensversicherung wie auch der fondsgebundenen Lebensversicherung zu einem Comeback verhelfen.
Riester-Rente, Rürup-Rente:
Fondssparpläne innerhalb der staatlich geförderten Altersvorsorge werden zu den Gewinnern der neuen Besteuerung zählen, da sie nicht von der Abgeltungsteuer betroffen sind. Zwar wird innerhalb dieser Modelle die später ausgezahlte Rente zum persönlichen Steuersatz versteuert (nachgelagerte Besteuerung), doch dafür sind die Einzahlungen steuerfrei. Ein Sparer, der in einen Riester-Fondssparplan einzahlt, kann seine Beiträge nicht nur von der Steuer absetzen. Zusätzlich schützt er die erworbenen Fondsanteile vor der Abgeltungsteuer.
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Ist ja echt der Wahnsinn, dachte es wird ab 1.1.2009 einfacher ... ..
Beste Grüße
Roti
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ABGELTUNGSTEUER - Der neue Steuerwahnsinn
Von Kai Lange
Die Abgeltungsteuer hätte das deutsche Steuersystem einfacher und gerechter gestalten können – wurde aber von der Koalition gründlich vermurkst. Sie ist in der vorliegenden Form unsystematisch, ungerecht und eine Katastrophe für die private Altersvorsorge. Neun Gründe, warum die neue Steuer scheitern wird.
Hamburg - Es begann mit einer guten Idee. Kapitaleinkünfte sollten einheitlich und mit flachem Steuersatz besteuert werden, am besten direkt an der Quelle auf Ebene der Bank. Damit soll die Steuerschuld derjenigen, die mit Geld Geld verdienen, abgegolten sein: Für Anleger, Banken und Finanzamt würde alles übersichtlicher, und im deutschen Steuerwesen ginge es gerechter zu.
Es sollte Schluss damit sein, dass nur die Ehrlichen die Dummen sind: Fahnder des Fiskus müssten nicht mehr durch sämtliche Konten schnüffeln, um Steuerhinterzieher aufzuspüren. Denn dass auch Kapitaleinkünfte wie Zinsen, Dividenden oder Aktiengewinne grundsätzlich besteuert werden müssen, mag niemand ernsthaft bestreiten: Ist der einheitliche Steuersatz klug gewählt, lässt sich vielleicht sogar die Kapitalflucht aus Deutschland stoppen. "25 Prozent von x sind besser als 42 Prozent von nix", feixte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Doch es kam anders. Das Gesetz zur Abgeltungsteuer, das am 6. Juli vom Bundesrat ratifiziert wird, ist so gründlich misslungen, dass an Steinbrücks Floskel nix, aber auch gar nix mehr stimmt.
Es beginnt mit dem Steuersatz. Mit Soli und Kirchensteuer beträgt die reale Steuerbelastung auf Kapitalvermögen ab Januar 2009 nicht 25, sondern rund 28 Prozent - eine Belastung, mit der Deutschland europaweit spitze ist. Indem die Koalition zusätzlich die Steuerfreiheit auf langfristige Kapitalanlagen abschafft, das Halbeinkünfteverfahren bei Dividenden kippt sowie den Freibetrag für Spekulationsgewinne streicht, belastet sie vor allem mittlere und kleine Einkommen.
In Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer den Spitzensteuersatz von 42 Prozent ins Spiel zu bringen, ist Augenwischerei. Steinbrücks "x" steht nicht für die Vermögenden, sondern für die große Zahl kleiner Sparer, bei denen sich der Fiskus künftig kräftig bedient. Vermögende werden dagegen vielfach entlastet - und für Aktienanlagen steht ihnen immer noch der Weg nach Luxemburg und in die Schweiz offen.
Die Abgeltungsteuer ist in der vorliegenden Form nicht nur ungerecht, sondern auch steuersystematisch unsauber. Verfassungsklagen sind programmiert, sobald 2010 die ersten Steuerbescheide verschickt werden. Die Politik wird nachbessern und Reparaturgesetze auf den Weg bringen müssen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Weder einheitlich noch gerecht
Mit der "einheitlichen Besteuerung" ist das so eine Sache. Während Kapitalerträge aus Aktienverkäufen, Dividenden, Zinsen oder Zertifikaten unter die neue Steuer fallen, bleiben Erträge aus Immobilienverkäufen außen vor. Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes sowie dem daraus abgeleiteten Prinzip, dass wirtschaftlich gleiche Sachverhalte steuerlich gleich zu behandeln sind, ist dies kaum zu vereinbaren.
Unklar bleibt auch, warum Erträge aus thesaurierenden Fonds jährlich besteuert werden, während Erträge aus Kapitallebensversicherungen erst am Ende der Laufzeit zu versteuern sind. Obwohl thesaurierende Aktienfonds, die Millionen deutscher Aktiensparer in ihren Depots haben, gar kein Geld ausschütten und die Erträge stattdessen wieder im Fondsvermögen anlegen, unterstellt der Fiskus, es wäre Geld geflossen (Zuflussfiktion).
Verlustanrechnung wird erschwert
Dies ist die Grundlage, um Jahr für Jahr Steuern abzuschöpfen. Die Gesamtverzinsung von Kapitallebensversicherungen dagegen kann bis zum Laufzeitende wachsen und wird erst dann besteuert. Eine saubere steuerliche Systematik sieht anders aus.
Der Fiskus schränkt außerdem die Möglichkeit für Anleger ein, Verluste anzurechnen. Während er bei Gewinnen aus Kapitaleinkünften gleichmäßig die Hand aufhält, verweigert er Sparern die Möglichkeit, Verluste aus Aktienanlagen zum Beispiel mit Gewinnen aus Zinsanlagen zu verrechnen. Auch hier wird das Prinzip der Gleichbehandlung verlassen.
Zertifikate schon jetzt steuerpflichtig
Abenteuerlich ist auch die in letzter Minute eingebrachte Sonderregelung für Zertifikate: Während die Abgeltungsteuer für alle anderen Anlageklassen erst ab Januar 2009 greift, fallen Zertifikate, die nach dem 14. März 2007 gekauft und über den 30. Juni 2009 hinaus gehalten werden, bereits jetzt unter die Abgeltungsteuer.
Unterschiedliche Anlageklassen werden also weiterhin unterschiedlich besteuert. Mit dem fortgesetzten Steuerwirrwarr könnten Sparer notfalls noch leben. Doch die Belastungen durch die Abgeltungsteuer sind außerdem noch ungerecht verteilt: Sie bedeutet eine deutliche Steuersenkung für Spitzenverdiener, während auf kleine und mittlere Einkommen eine steigende Belastung zukommt.
Mittlere und kleine Einkommen werden abkassiert
Je geringer der persönliche Steuersatz, desto stärker die Belastung durch die Abgeltungsteuer. Wer bislang bei einem persönlichen Steuersatz von 25 Prozent auf 1000 Euro Dividende insgesamt 125 Euro Steuern zahlte (bislang wurden nur 500 Euro mit dem persönlichen Satz besteuert), zahlt ab 2009 die doppelte Summe. Mit der Abschaffung des Halbeinkünfteverfahrens kehrt der Fiskus komplett zur Doppelbesteuerung zurück: Er besteuert den bereits vom Unternehmen versteuerten Gewinn noch einmal auf der Anlegerebene voll.
Um Ersparnisse kleiner und mittlerer Einkommen stärker besteuern zu können, hat der Gesetzgeber nicht nur den Sparerfreibetrag auf nun 801 Euro beinahe halbiert, sondern auch die Freigrenze für Spekulationsgewinne in Höhe von 512 Euro gestrichen. Das bedeutet, dass bei einer Jahresrendite von 4 Prozent nur noch Spareinlagen bis zu einer Höhe von 20.000 Euro steuerfrei sind: Bei jedem Euro darüber hinaus kassiert der Fiskus mit. Zum Vergleich: In Frankreich können Anleger pro Jahr 20.000 Euro Gewinne aus Aktiengeschäften einfahren, ohne einen Cent Steuer darauf zu zahlen.
Der Sparerfreibetrag von 801 Euro für Ledige scheint dem deutschen Gesetzgeber aber immer noch so üppig zu sein, dass er Sparern die Möglichkeit nimmt, zum Beispiel Transaktionskosten (beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren) anzurechnen. Damit verabschiedet sich der Fiskus vom Nettoprinzip: Für ihn gibt es nur noch Gewinne, die beim Aktiensparen entstehenden Kosten werden nicht berücksichtigt.
Sparer, die dennoch auf Aktienanlage setzen, zahlen damit den höchsten Preis - obwohl in politischen Sonntagsreden immer wieder betont wird, dass gerade diese Gruppe stärker auf Aktien setzen sollte.
Da außerdem noch die Haltefristen abgeschafft werden, wird die Altersvorsorge mit Aktien für viele Sparer in Deutschland uninteressant.
Private Altervorsorge abgewürgt
Bislang sind Gewinne aus Aktiengeschäften in Deutschland steuerfrei, wenn die Papiere länger als ein Jahr gehalten wurden. Dass diese Regelung im internationalen Vergleich sehr großzügig war und irgendwann fallen würde, ist nachzuvollziehen.
Dass der Gesetzgeber jedoch die Haltefristenregelung abschafft, ohne irgendeinen Puffer für Langfristsparer einzuziehen, hat für die Betroffenen fatale Folgen: Sie fallen von der Steuerfreiheit direkt in die höchste Steuerbelastung in Europa hinein.
Dabei stehen hohe Summen auf dem Spiel. Wer 30 Jahre lang jeden Monat 100 Euro spart und eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,3 Prozent erzielt, kassiert nach geltendem Recht rund 150.000 Euro steuerfrei. Mit der Abgeltungsteuer werden auf den gleichen Ertrag künftig 32.000 Euro Steuern fällig. Dass die europäischen Nachbarländer behutsamer mit Langfristsparern umgehen (Spekulationsgewinne in Österreich nach zwölf Monaten steuerfrei, in Frankreich nach acht Jahren komplett steuerfrei) oder einen deutlich niedrigeren Abgeltungsteuersatz ansetzen (Italien 12,5 Prozent, Spanien 18 Prozent), ficht den deutschen Gesetzgeber nicht an.
Die Politik wirbt für die private Altersvorsorge - die sie gleichzeitig steuerlich stark belastet. Der Hinweis, dass für das Aktiensparen immer noch die Riester-Altersvorsorge bleibe, geht an der Realität vorbei. Die Riester-Rente bietet nur eingeschränkte und mit zahlreichen Vorgaben verbundene Möglichkeiten, die Rentenlücke zu füllen. Sparer, die sich nicht vom Staat entmündigen lassen wollen und auf andere Sparformen setzen, werden künftig scharf besteuert.
Stichtag schafft Zweiklassengesellschaft
Wer bereits jetzt genug Geld hat, kann sich noch durch Einmalinvestitionen bis Ende 2008 Steuerfreiheit sichern. Wer sich, wie die Mehrzahl der Deutschen, eine Rücklage erst durch geduldiges Sparen aufbauen muss, läuft direkt in die stärkere Besteuerung hinein. Viele Anleger dürften sich daher ab 2009 wieder dem Sparbuch und anderen festverzinslichen Anlageformen zuwenden: Warum sollten sie das Risiko einer Aktienanlage noch auf sich nehmen, wenn der Fiskus unabhängig von der Haltedauer einen guten Teil der Rendite abkassiert?
Kapitalflucht angeheizt
Vermögende Anleger profitieren in mehrfacher Weise von der Abgeltungsteuer. Ihre Steuerlast auf festverzinsliche Wertpapiere fällt dramatisch, da sie Zinsen künftig nicht mehr mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 42 Prozent, sondern nur noch mit rund 28 Prozent versteuern müssen.
Außerdem werden mit Einführung der anonymen, pauschal abgeführten Steuer ab 2009 viele vermögende Deutsche für das Finanzamt rechnerisch ärmer, da ihre Kapitaleinkünfte nicht mehr im persönlichen Steuerbrutto auftauchen. Mit dem sinkenden Jahreseinkommen bleibt vielen Vermögenden nicht nur die Reichensteuer erspart - sie kommen ohne Kapitaleinkünfte in den Genuss ungeahnt niedriger persönlicher Steuersätze.
Der Plan des Gesetzgebers, mit Hilfe der Abgeltungsteuer Geld nach Deutschland zurückzuholen, wird sich in wenigen Jahren dennoch als Illusion erweisen. Für vermögende Anleger wird es lediglich interessant sein, ein Depot mit festverzinslichen Wertpapieren in Deutschland zu führen. Für Besitzer großer Aktiendepots wird Deutschland ab 2009 dagegen zu einem Hochsteuerland.
Bereits jetzt basteln Luxemburger Banken an Fondsmodellen, mit deren Hilfe vermögende Kunden aus Deutschland die Abgeltungsteuer umgehen können. Solche steuersparenden "Millionärsfonds" stehen nur einer ausgewählten Klientel offen. Sollte der deutsche Fiskus dieser Steuersparmethode noch einen Riegel vorschieben, ist weitere Kapitalflucht nach Luxemburg oder in die Schweiz programmiert. Kapital bleibt mobil, und mit einem Steuersatz auf Kapitalerträge von 28,5 Prozent wird Deutschland kein Kapital anziehen.
Ein bürokratisches Monstrum
Die Abgeltungsteuer sollte die Besteuerung für Anleger, Banken und das Finanzamt vereinfachen - schafft aber ein neues bürokratisches Monstrum. Noch ist völlig unklar, wie zum Beispiel die Anrechnung von Verlusten bei Spekulationsgeschäften funktionieren soll.
Von Gewinnen kann die Bank im Moment des Verkaufs 28,5 Prozent Steuer abziehen, doch entstehen bei einem späteren Aktiengeschäft im gleichen Jahr Verluste, ist äußerst zweifelhaft, dass die Bank für den Fiskus in Vorleistung tritt und einen Teil der vorab einkassierten Steuer sofort zurückerstattet. Möglicherweise werden Gewinne und Verluste erst zum Jahresende verrechnet, um die Steuerschuld zu berechnen. Doch wenn ein Sparer bei verschiedenen Banken Depots führt, ist ein weiterer zeitaufwendiger Abgleich der Banken untereinander unvermeidbar.
Steuerbescheide 20 Jahre aufheben
Eine noch größere Nervenprobe droht Besitzern thesaurierender Fonds: Sie müssen ihre jährlichen Steuerbescheide womöglich über 20, 30 Jahre aufbewahren, um die aufgrund der Zuflussfiktion jährlich gezahlten Steuern auf Erträge zum Zeitpunkt des Verkaufs des Fonds anrechnen zu können. Das werden sich nur echte Fans thesaurierender Fonds antun wollen.
Die Behauptung, eine Steuererklärung für Kapitaleinkünfte würde mit Einführung der Abgeltungsteuer überflüssig, ist Unsinn. Viele Anleger mit einem persönlichen Steuersatz unter 25 Prozent sind weiterhin zu einer persönlichen Veranlagung gezwungen, wenn sie sich im Rahmen der so genannten "Günstigerprüfung" ihr Geld zurückholen wollen.
Das Finanzamt wird seinerseits den Anspruch auf Kontrollmitteilungen beibehalten und im Einzelfall auf Kontendurchsicht bestehen. Im Kontrollbereich ändert sich nichts. Die Abgeltungsteuer wird kaum eine Entlastung für Anleger und Finanzämter, sondern vor allem eine Zusatzbelastung für Finanzinstitute bringen.
Inflation wird besteuert
Mit der Abgeltungsteuer in der vorliegenden Form erhebt der deutsche Fiskus auch Steuern auf die jährliche Teuerungsrate. Bei einer angenommenen Inflation von 2,5 Prozent pro Jahr verliert Geld innerhalb von 30 Jahren die Hälfte seiner Kaufkraft. Eine Geldanlage, die innerhalb dieses Zeitraums von 50.000 Euro auf 100.000 Euro ansteigt, ist in ihrer realen Kaufkraft nicht gewachsen.
Dennoch erhebt der Fiskus auf den inflationären Scheingewinn eine Abgeltungsteuer von rund 14.000 Euro. Die Besteuerung sorgt dafür, dass der Anleger real ein Verlustgeschäft macht - Inflation und Steuern knabbern an der Substanz. Andere europäische Staaten wie Frankreich oder England lösen dieses Problem, indem sie die Steuerlast mit wachsender Haltedauer verringern - der deutsche Fiskus scheint dagegen darauf zu vertrauen, dass ewig boomende Märkte auch nach Abzug von Steuer und Inflation für den Anleger noch genug abwerfen.
Investivlohn wird beschädigt
Die neue Steuer beschädigt außerdem das von Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler beworbene Modell des Investivlohns. Damit sich die Schere zwischen wachsenden Unternehmensgewinnen und stagnierenden Löhnen nicht noch weiter öffnet, sollen Arbeiter und Angestellte über Investivlöhne (zum Beispiel Belegschaftsaktien) am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden.
Doch welcher Mitarbeiter will noch zum Anteilseigner seines Arbeitgebers werden, wenn der Fiskus im Erfolgsfall knapp 30 Prozent der Rendite abschöpft? Beteiligungsmodelle sind langfristig angelegt, und gerade in diesem Bereich greift die Abgeltungsteuer zu. Das "Zukunftsmodell" Investivlohn verliert durch die Steuerreform an Zugkraft.
Binnenkonsum gebremst
Der aktuelle Boom an den Aktienmärkten kommt in den USA auch in der Bevölkerung an und macht sich durch eine verstärkte Binnenkonjunktur bemerkbar. In Deutschland dagegen geht die Aktienhausse an den meisten privaten Anlegern vorbei. Impulse für den Binnenmarkt müssen aus einer anderen Richtung kommen.
US-Bürger sind über Pensionsfonds traditionell stärker am Aktienmarkt engagiert, die durchschnittliche Aktienquote eines US-Bürgers ist mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.
Dies führt dazu, dass Bürger in den USA im langjährigen Durchschnitt eine deutlich höhere Rendite auf ihr Erspartes erzielen als die Bundesbürger: Diese verzichten auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr, weil sie überproportional viel Geld in sichere Anlage mit niedrigerer Langfristrendite stecken.
Vermögenseffekt bleibt aus
Dieser Trend wird durch die Abgeltungsteuer verstärkt. Die Steuer wird die durchschnittliche Aktienquote in Deutschland senken. Volkswirte mögen sich zwar für den Standort Deutschland wünschen, dass robuste Aktienmärkte auch hierzulande einen sogenannten Vermögenseffekt in der breiten Bevölkerung zeigen und auf diese Weise die Binnenkonjunktur stimulieren.
Doch solange eine schärfere Besteuerung die Aktie schlechter stellt als andere Anlageformen, ist nicht mit einem Run auf Dividendenpapiere zu rechnen.
Eigenkapital trockengelegt
Wenn Anleger aufgrund der Abgeltungsteuer von Aktien Abschied nehmen und auf festverzinsliche Geldanlagen umschwenken, ist das zunächst ihre Privatsache. Warum sollten sie auch das Risiko von Kursschwankungen auf sich nehmen, wenn Aktien nach Steuern nicht deutlich mehr Rendite abwerfen als risikoarme, festverzinsliche Papiere?
Für deutsche mittelständische Unternehmen, die ohnehin nur mit wenig Eigenkapital ausgestattet sind, wird es damit jedoch schwieriger, sich zusätzliches Eigenkapital am Kapitalmarkt zu besorgen und darüber eventuell ihr weiteres Wachstum zu finanzieren.
Die Finanzierung über Fremdkapital, zum Beispiel über Anleihen, dürfte stattdessen ab 2009 zunehmen. Dieser hohe Fremdfinanzierungsgrad wird in Zeiten verschärfter Richtlinien zur Kreditvergabe (Basel II) teuer: Deutschland fehlt im Vergleich zu anderen Ländern Eigen- und Risikokapital, doch die Abgeltungsteuer legt genau diese Geldquellen weitgehend trocken, indem sie Aktienkäufer ausbremst.
Volkswirte rechnen fest damit, dass in den kommenden Jahren an der Abgeltungsteuer noch fleißig nachgebessert wird - nicht nur wegen der Folgen für die private Altersvorsorge, sondern auch wegen der Auswirkungen auf den Standort Deutschland. Mit einem niedrigeren, konkurrenzfähigen Abgeltungsteuersatz sowie einer Stufenregelung für Langfristanleger wäre ein Anfang gemacht.
Aktien:
Noch sind Kursgewinne steuerfrei, wenn Aktien länger als ein Jahr gehalten werden. Diese Steuerfreiheit wird fallen: Von 1000 Euro Kursgewinnen wird die Bank dann 250 Euro direkt an den Fiskus überweisen. Die Stichtagsregelung zum 1. Januar 2009 wird drastische Auswirkungen haben - wer bis 31. Dezember 2008 zum Beispiel 10.000 Euro in Aktien investiert und diese zehn Jahre lang hält, kassiert bei einer jährlichen Rendite von 7 Prozent knapp 20.000 Euro steuerfrei. Wer erst ab 2009 mit der gleichen Summe einsteigt, muss auf den Wertzuwachs von 10.000 Euro dagegen 2500 Euro Abgeltungsteuer zahlen. Auch bei Dividenden verdoppelt sich für viele Aktionäre die Steuerlast ...
Dividende:
Schüttet ein Unternehmen 1000 Euro Dividende an den Anleger aus, muss er davon derzeit nur die Hälfte zu seinem persönlichen Steuersatz versteuern, denn das Unternehmen zahlt die Dividende ja aus bereits versteuertem Gewinn. Dieses Halbeinkünfteverfahren wird mit der Abgeltungsteuer kassiert, so dass von 1000 Euro ausgezahlter Dividende künftig 250 Euro Steuer fällig werden. Für Anleger mit einem persönlichen Steuersatz von 25 Prozent verdoppelt sich damit ab 2009 die Steuerlast. Spürbar wird die Besteuerung von Dividenden vor allem für Besitzer von Aktienfonds ...
Investmentfonds:
Aktienfonds, die Erträge automatisch wieder anlegen (thesaurierende Fonds), sollen ebenfalls jährlich besteuert werden. Der Fiskus unterstellt, dass Erträge real geflossen seien ("Zuflussfiktion") und unterwirft diese Jahr um Jahr der Steuer. Die jährlich versteuerten Erträge sollen beim späteren Verkauf der Fondsanteile aus dem Veräußerungsgewinn herausgerechnet werden, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern. Dieses Verfahren ist extrem aufwendig und dürfte für noch mehr Bürokratie sorgen. Zertifikate unterliegen dieser jährlichen Ertragsbesteuerung zwar nicht, jedoch erwischt es sie auf andere Weise ...
Zertifikate:
In letzter Minute hat der Gesetzgeber per Sonderregelung durchgesetzt, dass Zertifikate, die nach dem 14. März 2007 gekauft und über den 30. Juni 2009 hinaus gehalten werden, bereits jetzt unter die Abgeltungsteuer fallen. Auf diese Weise will der Gesetzgeber verhindern, dass einige Emittenten mit endlos laufenden Zertifikaten, deren Basiswerte verändert werden können, die Abgeltungsteuer umgehen. Damit zählen auch die Zertifikate zu den großen Verlierern der Abgeltungsteuer.
Ausschüttende Fonds:
Bei Investmentfonds, die ihre jährlichen Erträge direkt an die Anleger ausschütten, greift die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zweimal zu: jedes Jahr bei den ausgeschütteten Erträgen und dann noch einmal zu dem Zeitpunkt, wenn der Anleger seine Fondsanteile mit Gewinn verkauft. Aus diesem Grund könnten Investmentfonds, die ihre Anleger mit jährlichen Ausschüttungen beglücken, künftig zu einer kleinen Minderheit gehören. Einen Aufschwung dürften dagegen Zinspapiere erleben ...
Anleihen und Zinspapiere:
Festverzinsliche Wertpapiere werden ab 2009 für Gutverdiener interessanter. Statt des persönlichen Steuersatzes von bis zu 42 Prozent (gegebenenfalls plus 3 Prozent Reichensteuer) werden auf Zinserträge dann nur noch 25 Prozent Abgeltungsteuer fällig. Kritiker befürchten, dass sich noch mehr Bundesbürger aus Aktien verabschieden, wenn risikoarme, festverzinsliche Papiere steuerlich bessergestellt und Risikopapiere wie Aktien belastet werden. Besonders hart getroffen werden zum Beispiel Sparpläne mit Aktienfonds ...
Sparpläne:
Bei langjährigen Aktien- und Fondssparplänen entfaltet die geplante Abgeltungsteuer ihre volle Wucht. Wer zum Beispiel 30 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen Aktienfondssparplan einzahlt, kann bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von 8 Prozent mit einem Endvermögen von rund 150.000 Euro rechnen – bislang steuerfrei. Sollte jedoch künftig der Wertzuwachs mit 25 Prozent Abgeltungsteuer belegt werden, würde das Durchhaltevermögen des Anlegers mit einem Steuerbescheid in Höhe von rund 32.000 Euro quittiert. Regelungen wie in europäischen Nachbarländern, die längerfristige Anlagen stufenweise steuerlich weniger belasten, sind bisher nicht vorgesehen.
Indexzertifikate:
Indexzertifikate auf Dax, MDax oder TecDax waren in der Vergangenheit bei Anlegern sehr beliebt, da sie wie ein steuerfreies Zinspapier auf den jeweiligen Index funktionieren. Da gezahlte Dividenden in die Performance des Index einfließen, können Besitzer von Indexzertifikaten nach einer Haltedauer von einem Jahr sowohl die Kursgewinne als auch die durchschnittliche Dividendenrendite des Index steuerfrei einstreichen. Mit dem Steuercharme der Indexzertifikate wird es ab 2009 vorbei sein.
Immobilienfonds:
Immobilien sollen laut der Eckpunkte zur Abgeltungsteuer nicht von der Abgabe erfasst werden. Damit dürfte auch der Verkauf offener Immobilienfonds nach einer Haltedauer von zehn Jahren steuerfrei sein: Immobilien und Immobilienfonds gehören folglich ebenso wie Anleihen zu den Gewinnern der Steuerreform.
Lebensversicherungen:
Erträge aus Kapitallebensversicherungen, die ab 1. Januar 2005 abgeschlossen werden, müssen versteuert werden. Allerdings gelten Ausnahmen: Sofern die Lebensversicherung mindestens zwölf Jahre lang bespart wird und der Versicherte 60 Jahre oder älter ist, muss er nur die Hälfte der Erträge versteuern. Eine Steuerlast von nur 12,5 Prozent auf die Gesamterträge könnte der Kapitallebensversicherung wie auch der fondsgebundenen Lebensversicherung zu einem Comeback verhelfen.
Riester-Rente, Rürup-Rente:
Fondssparpläne innerhalb der staatlich geförderten Altersvorsorge werden zu den Gewinnern der neuen Besteuerung zählen, da sie nicht von der Abgeltungsteuer betroffen sind. Zwar wird innerhalb dieser Modelle die später ausgezahlte Rente zum persönlichen Steuersatz versteuert (nachgelagerte Besteuerung), doch dafür sind die Einzahlungen steuerfrei. Ein Sparer, der in einen Riester-Fondssparplan einzahlt, kann seine Beiträge nicht nur von der Steuer absetzen. Zusätzlich schützt er die erworbenen Fondsanteile vor der Abgeltungsteuer.
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Ist ja echt der Wahnsinn, dachte es wird ab 1.1.2009 einfacher ... ..
Beste Grüße
Roti

Beste Grüße
Roti
Roti

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