Dollar-Schwäche dürfte weiter anhalten
23. Januar 2006 Für die Milliardäre Warren Buffett, Bill Gates und George Soros war 2005 in punkto Dollar kein gutes Jahr. Sie setzten auf einen weiter sinkenden Dollar, und machten dementsprechend Verluste, weil der Greenback im vergangenen Jahr vielmehr um 14 Prozent gegenüber dem Euro kletterte.
In diesem Jahr könnte ihr Wunsch vielleicht eher in Erfüllung gehen. Derzeit sieht es für die amerikanische Währung jedenfalls nicht gut aus. Am Montag fiel der Kurs gegen den Euro auf ein Vier-Monats-Tief, Grund waren die Äußerungen verschiedener EZB-Mitglieder, die auf Zinserhöhungen durch die Notenbank hindeuteten.
Inflation macht EZB Sorgen
Zentralbankratsmitglied Lorenzo Bini Smaghi gab sich im italienischen Radio als Anti-Inflationsfalke. Die EZB werde sich darauf konzentrieren, den Preisauftrieb zu zügeln, allen Risiken zum Trotz. Auch das französisches Mitglied Christian Noyer blies ins selbe Horn: die EZB werde alles Notwendige tun, um den Preisanstieg zu begrenzen. Man müsse zeigen, daß man sehr aufmerksam sein.
Und auch EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing sieht gestiegene Inflationsrisiken wegen des hohen Ölpreises. „Die Risiken für die Preisstabilität haben sich im Zusammenhang steigender Ölpreise erhöht”, sagte Issing am Montag bei einer Veranstaltung in London. Die Wirtschaft der Eurozone erhole sich, auch wenn die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone noch immer inakzeptabel hoch sei.
Auf der anderen Seite des großen Teiches läuft die Zinspolitik dagegen in die Gegenrichtung. Hier zeichnet sich immer deutlicher, daß die Notenbank Fed in diesem Jahr ihre Zinserhöhungspolitik aufgeben wird.
Zinserwartungen und strukturelles Ungleichgewicht
Für die Analysten der österreichischen Raiffeisen Research ist damit offenkundig, daß der Dollar unter diesen Umständen keine nachhaltige Stärkung erfahren kann. Die nächste (und nach ihrem Dafürhalten wahrscheinlich vorerst letzte) Zinsanhebung in Amerika um 25 Basispunkte am 31. Januar sei angesichts der vom Markt für die nächsten Monate erwarteten Zinsanhebungen von 40 Basispunkten bereits mehr als eingepreist.
Auch wenn das Zinsdifferential weiter deutlich für den Dollar spricht, es ist nicht, was die Devisenmärkte bewegt. Für diese sind die Zinserwartungen ausschlaggebend, Bleiben diese erst einmal stabil) läßt auch der Umschichtungsbedarf nach und mit ihm die Kapitalflüsse in die Währung, was auf den Dollarkurs drückt.
Selbst wenn man die Devisenmärkte nicht so sehr von den Zinserwartungen bestimmt sieht, stehen die Karten des Dollar nicht gut. Das Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten bewegt sich auf der ungeahnte Rekordhöhe von zuletzt 6,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Inzwischen liegen die amerikanischen Importe rund 50 Prozent über den Exporten - ein gewaltiges strukturelles Ungleichgewicht, das einen gewaltigen, latenten Abwertungsdruck erzeugen sollte.
Auch der Wegfall von Sonderfaktoren spricht gegen den Dollar
Diesem konnte bislang entgegen gewirkt werden. Doch macht ein sich verengendes Zinsdifferential schon einmal Anlagen im Dollarraum weniger attraktiv. Kommen Abwertungserwartungen hinzu, so könnte sich der Kapitalstrom in die Vereinigten Staaten zunehmend verringern. Obendrein, so Raiffeisen Research, hat auch die gute Konjunktur den Zufluß an ausländischen Direktinvestitionen nicht wieder ankurbeln konnten.
Im zweiten Halbjahr 2005 kam Amerika obendrein noch der „Homeland Investment Act” zu Hilfe. Nach diesem Gesetz konnten amerikanische Unternehmen Unternehmensgewinne, die im Ausland bei Tochterunternehmen erzielt und bisher dort geparkt waren ausnahmsweise steuerbegünstigt in die Vereinigten Staaten überführen. Doch das Gesetz läuft Anfang 2006 aus.
Insofern spricht einiges für eine Dollarbaisse. Die fälligen Abwertungen sollten den Dollar gegenüber den asiatischen Währungen, aber auch gegenüber dem Euro schwächer werden lassen. Raiffeisen Research rechnen dabei zum Jahresende mit einem Test der 1,30 Euro und 2007 mit einem Test der alten Höchststände bei rund 1,37 Dollar.
Ölpreis könnte einen Strich durch die Rechnung machen
Die Österreicher sind nicht alleine. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg erwarteten zuletzt 53 Prozent der befragten Händler, Strategen und Investoren einen stärkeren Euro. Eine Woche vorher waren es noch 24 Prozent gewesen.
Zwei Faktoren sprechen indes gegen eine rasche Dollar-Abwertung. Nummer Eins ist der wieder steigende Ölpreis. Die zunehmenden Spannungen mit dem Iran und die Unruhen in Nigeria haben diesen zu Wochenbeginn nahe an die 70-Dollar-Marke getrieben: Im Computerhandel der New Yorker Rohstoffbörse stieg der Preis zeitweise auf 69,20 Dollar. Sollte dieser weiter steigen und in Amerika den Preisauftrieb anheizen, könnte sich die Fed genötigt sehen, die Zinsen weiter anzuheben.
Andererseits sind diese Faktoren politischer und damit eher kurzfristige Natur, wenn der Konflikt mit dem Iran nicht eskaliert. Und da der bisherige Winter im Nordosten der Vereinigten Staaten, dem größten Heizöl-Verbrauchsgebiet, bisher relativ mild gewesen ist, steigen in Amerika die Ölbestände, so daß hier auch bald eine Beruhigung eintreten könnte.
„Bretton Woods II” stabilisiert
Wesentlich mehr Gewicht hat Faktor Nummer Zwei, das sogenannte „Bretton Woods II”, eine Theorie, die vor allem von Strategen der Deutschen Bank und dem Harvard-Ökonomen Richard Cooper vertreten wird. Amerika profitiere demnach von der „Beggar-thy-neighbour”-Politik Chinas (Aufwertung asiatischer Währungen läßt sich hinterfragen). Demnach hält vor allem China den Yuan durch Käufe amerikanischer Staatsanleihen weiter unterbewertet, um seine Exporte zu erleichtern und finanziere so das amerikanische Defizit.
Dieser Zusammenhang dürfte noch ein weiteres Jahrzehnt anhalten, erwartet der Chefstratege der Deutschen Bank Peter Garber. Indes ist der Name „Bretton Woods II” auch in dieser Hinsicht sinnfällig gewählt. Dieses System hielt zwar von 1944 bis offiziell 1973, brach aber zusammen, als die Vereinigten Staaten nicht mehr ihrer Verpflichtung nachkommen konnten, Dollars in Gold einzulösen.
Derzeit häufen die asiatischen Länder sehr hohe Dollar-Reserven an. Zwar spricht derzeit wenig für einen Politikwechsel, doch sobald die Dollars eingelöst werden sollen, dürfte dem Dollar dasselbe Schicksal drohen wie einst am Ende von „Bretton Woods I” als der Dollarkurs von 4 DM je Dollar im Jahr 1969 binnen dreieinhalb Jahren auf 2,33 Mark je Dollar fiel.
Für den weiteren Kurs des Dollar dürften indes alle Zusammenhänge ausschlaggebend seien: Zinserwartungen, Abwertungsdruck aus Leistungsbilanzdefizit und „Bretton Woods II”. Da sich an den beiden letztgenannten Faktoren in den kommenden Monaten nichts ändern dürfte, hängt der zukünftige Kurs des Dollar letztlich doch wieder an den Zinserwartungen - insofern ist vorerst mit einem eher schwächeren Greenback zu rechnen.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.
(Quelle: faz.net/s/Rub58BA8E456DE64F189…Tpl~Ecommon~Scontent.html )
23. Januar 2006 Für die Milliardäre Warren Buffett, Bill Gates und George Soros war 2005 in punkto Dollar kein gutes Jahr. Sie setzten auf einen weiter sinkenden Dollar, und machten dementsprechend Verluste, weil der Greenback im vergangenen Jahr vielmehr um 14 Prozent gegenüber dem Euro kletterte.
In diesem Jahr könnte ihr Wunsch vielleicht eher in Erfüllung gehen. Derzeit sieht es für die amerikanische Währung jedenfalls nicht gut aus. Am Montag fiel der Kurs gegen den Euro auf ein Vier-Monats-Tief, Grund waren die Äußerungen verschiedener EZB-Mitglieder, die auf Zinserhöhungen durch die Notenbank hindeuteten.
Inflation macht EZB Sorgen
Zentralbankratsmitglied Lorenzo Bini Smaghi gab sich im italienischen Radio als Anti-Inflationsfalke. Die EZB werde sich darauf konzentrieren, den Preisauftrieb zu zügeln, allen Risiken zum Trotz. Auch das französisches Mitglied Christian Noyer blies ins selbe Horn: die EZB werde alles Notwendige tun, um den Preisanstieg zu begrenzen. Man müsse zeigen, daß man sehr aufmerksam sein.
Und auch EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing sieht gestiegene Inflationsrisiken wegen des hohen Ölpreises. „Die Risiken für die Preisstabilität haben sich im Zusammenhang steigender Ölpreise erhöht”, sagte Issing am Montag bei einer Veranstaltung in London. Die Wirtschaft der Eurozone erhole sich, auch wenn die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone noch immer inakzeptabel hoch sei.
Auf der anderen Seite des großen Teiches läuft die Zinspolitik dagegen in die Gegenrichtung. Hier zeichnet sich immer deutlicher, daß die Notenbank Fed in diesem Jahr ihre Zinserhöhungspolitik aufgeben wird.
Zinserwartungen und strukturelles Ungleichgewicht
Für die Analysten der österreichischen Raiffeisen Research ist damit offenkundig, daß der Dollar unter diesen Umständen keine nachhaltige Stärkung erfahren kann. Die nächste (und nach ihrem Dafürhalten wahrscheinlich vorerst letzte) Zinsanhebung in Amerika um 25 Basispunkte am 31. Januar sei angesichts der vom Markt für die nächsten Monate erwarteten Zinsanhebungen von 40 Basispunkten bereits mehr als eingepreist.
Auch wenn das Zinsdifferential weiter deutlich für den Dollar spricht, es ist nicht, was die Devisenmärkte bewegt. Für diese sind die Zinserwartungen ausschlaggebend, Bleiben diese erst einmal stabil) läßt auch der Umschichtungsbedarf nach und mit ihm die Kapitalflüsse in die Währung, was auf den Dollarkurs drückt.
Selbst wenn man die Devisenmärkte nicht so sehr von den Zinserwartungen bestimmt sieht, stehen die Karten des Dollar nicht gut. Das Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten bewegt sich auf der ungeahnte Rekordhöhe von zuletzt 6,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Inzwischen liegen die amerikanischen Importe rund 50 Prozent über den Exporten - ein gewaltiges strukturelles Ungleichgewicht, das einen gewaltigen, latenten Abwertungsdruck erzeugen sollte.
Auch der Wegfall von Sonderfaktoren spricht gegen den Dollar
Diesem konnte bislang entgegen gewirkt werden. Doch macht ein sich verengendes Zinsdifferential schon einmal Anlagen im Dollarraum weniger attraktiv. Kommen Abwertungserwartungen hinzu, so könnte sich der Kapitalstrom in die Vereinigten Staaten zunehmend verringern. Obendrein, so Raiffeisen Research, hat auch die gute Konjunktur den Zufluß an ausländischen Direktinvestitionen nicht wieder ankurbeln konnten.
Im zweiten Halbjahr 2005 kam Amerika obendrein noch der „Homeland Investment Act” zu Hilfe. Nach diesem Gesetz konnten amerikanische Unternehmen Unternehmensgewinne, die im Ausland bei Tochterunternehmen erzielt und bisher dort geparkt waren ausnahmsweise steuerbegünstigt in die Vereinigten Staaten überführen. Doch das Gesetz läuft Anfang 2006 aus.
Insofern spricht einiges für eine Dollarbaisse. Die fälligen Abwertungen sollten den Dollar gegenüber den asiatischen Währungen, aber auch gegenüber dem Euro schwächer werden lassen. Raiffeisen Research rechnen dabei zum Jahresende mit einem Test der 1,30 Euro und 2007 mit einem Test der alten Höchststände bei rund 1,37 Dollar.
Ölpreis könnte einen Strich durch die Rechnung machen
Die Österreicher sind nicht alleine. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg erwarteten zuletzt 53 Prozent der befragten Händler, Strategen und Investoren einen stärkeren Euro. Eine Woche vorher waren es noch 24 Prozent gewesen.
Zwei Faktoren sprechen indes gegen eine rasche Dollar-Abwertung. Nummer Eins ist der wieder steigende Ölpreis. Die zunehmenden Spannungen mit dem Iran und die Unruhen in Nigeria haben diesen zu Wochenbeginn nahe an die 70-Dollar-Marke getrieben: Im Computerhandel der New Yorker Rohstoffbörse stieg der Preis zeitweise auf 69,20 Dollar. Sollte dieser weiter steigen und in Amerika den Preisauftrieb anheizen, könnte sich die Fed genötigt sehen, die Zinsen weiter anzuheben.
Andererseits sind diese Faktoren politischer und damit eher kurzfristige Natur, wenn der Konflikt mit dem Iran nicht eskaliert. Und da der bisherige Winter im Nordosten der Vereinigten Staaten, dem größten Heizöl-Verbrauchsgebiet, bisher relativ mild gewesen ist, steigen in Amerika die Ölbestände, so daß hier auch bald eine Beruhigung eintreten könnte.
„Bretton Woods II” stabilisiert
Wesentlich mehr Gewicht hat Faktor Nummer Zwei, das sogenannte „Bretton Woods II”, eine Theorie, die vor allem von Strategen der Deutschen Bank und dem Harvard-Ökonomen Richard Cooper vertreten wird. Amerika profitiere demnach von der „Beggar-thy-neighbour”-Politik Chinas (Aufwertung asiatischer Währungen läßt sich hinterfragen). Demnach hält vor allem China den Yuan durch Käufe amerikanischer Staatsanleihen weiter unterbewertet, um seine Exporte zu erleichtern und finanziere so das amerikanische Defizit.
Dieser Zusammenhang dürfte noch ein weiteres Jahrzehnt anhalten, erwartet der Chefstratege der Deutschen Bank Peter Garber. Indes ist der Name „Bretton Woods II” auch in dieser Hinsicht sinnfällig gewählt. Dieses System hielt zwar von 1944 bis offiziell 1973, brach aber zusammen, als die Vereinigten Staaten nicht mehr ihrer Verpflichtung nachkommen konnten, Dollars in Gold einzulösen.
Derzeit häufen die asiatischen Länder sehr hohe Dollar-Reserven an. Zwar spricht derzeit wenig für einen Politikwechsel, doch sobald die Dollars eingelöst werden sollen, dürfte dem Dollar dasselbe Schicksal drohen wie einst am Ende von „Bretton Woods I” als der Dollarkurs von 4 DM je Dollar im Jahr 1969 binnen dreieinhalb Jahren auf 2,33 Mark je Dollar fiel.
Für den weiteren Kurs des Dollar dürften indes alle Zusammenhänge ausschlaggebend seien: Zinserwartungen, Abwertungsdruck aus Leistungsbilanzdefizit und „Bretton Woods II”. Da sich an den beiden letztgenannten Faktoren in den kommenden Monaten nichts ändern dürfte, hängt der zukünftige Kurs des Dollar letztlich doch wieder an den Zinserwartungen - insofern ist vorerst mit einem eher schwächeren Greenback zu rechnen.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.
(Quelle: faz.net/s/Rub58BA8E456DE64F189…Tpl~Ecommon~Scontent.html )
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